Kreisgruppe Bielefeld
Jetzt spenden Mitglied werden

Fernwasserleitung: BUND-Brief an den Oberbürgermeister

13. Januar 2025 | BUND, Klimawandel, Flüsse & Gewässer, Nachhaltigkeit, Ressourcen & Technik

OB Clausen äußert sich erstmals zur Fernwasserkooperation. Den Bedarf begründet er mit "weiter sinkenden Grundwasserbeständen".

Wasserwerk Sennestadt, das älteste Bielefelder Wasserwerk. Foto: BUND

Bielefeld, 13.10.2025 | Am 31. Dezember hat sich Oberbürgermeister Pit Clausen erstmals öffentlich zu den Plänen der Stadtwerke für eine Fernwasserkooperation mit der Fa Gelsenwasser AG geäußert. Das Westfalenblatt hat dazu Folgendes veröffentlicht:

Frage: Im kommenden Jahr muss sich Bielefeld auch darüber klar werden, wie die künftige Wasserversorgung aussehen soll. Sind Sie für die von den Stadtwerken favorisierte Kooperation mit Gelsenwasser oder für Wassersparen?

Clausen: Bielefeld ist eine weiterwachsende Stadt. Die Grundwasserbestände gegen weiter zurück. Ich fürchte, dass sämtliche Sparbemühungen angesichts des wachsenden Bedarfs durch hinzuziehende Familien schnell an ihre Grenzen stoßen werden. Unsere Stadtwerke haben das Leitungsprojekt von Gelsenwasser entdeckt und die Chance, daran teilzuhaben. Dafür bin ich den Stadtwerken dankbar. Allerdings ist das ein Projekt mit sehr langer Vorlaufzeit. Wir sprechen hier über ein Projekt, dass vielleicht in acht bis zehn Jahren umgesetzt wird.

Der BUND hat dem OB daraufhin einen Brief geschickt und um die Berücksichtigung der bisher vorgetragenen Bedenken gebeten. Wir veröffentlichen hier Auszüge.    

Brief des BUND an Oberbürgermeister Pit Clausen vom 13.1.2025

Es handelt sich um eine zentrale Zukunftsfrage der Entwicklung unserer Stadt: die sichere Versorgung mit dem zentralen Lebensmittel Wasser. Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung und den gesetzlichen Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes müssen dafür prioritär ortsnahe Ressourcen genutzt werden. Die Planung der Stadtwerke für die Zeit ab 2030 weicht aber davon ab.

Mit dem geplanten Fernwasserbezug würde sich die Stadt (mit einem ersten Schritt) vom Grundsatz verabschieden, die Wassersversorgung auf ortsnahe Vorkommen zu stützen. Seit über 100 Jahren versorgen Wasserwerke der Region die Stadt Bielefeld mit Trinkwasser. Die Grundwasser-Vorkommen besonders in den Senne-Sanden und die Tiefbrunnen im Kalkstein des Teutoburger Waldes sind so sicher und ergiebig, dass die Versorgung auch in der bisher längsten Dürrephase in den Jahren 2018 - 2022 ohne Probleme gesichert werden konnte.

Sie haben sich erstmalig am 31.12.2024 in einem vom Westfalenblatt veröffentlichten Interview zu dieser Frage öffentlich geäußert. Den Bedarf einer Fernwasserleitung begründen Sie darin mit dem Satz „Die Grundwasserbestände gehen weiter zurück“. Dass Konzepte zum Wassersparen in Mangelzeiten helfen könnten, bezweifeln Sie in dem Interview. Im gleichen Interview erwähnen Sie die Eröffnung der Wissenswerkstatt, weil sie, so Ihre Worte, „dem Fake-News-Zeitalter wissenschaftlich fundierte Antworten zu allen wichtigen Zukunftsfragen entgegen“ setzen. Diesen Ansatz unterstützen wir uneingeschränkt.

Wie Sie unseren zahlreichen Fachstellungnahmen entnehmen können, argumentieren wir in gleicher Sache mit wissenschaftlich ermittelten Daten und Fakten. Alle ermittelten Fakten zu der möglichen Fernwasserkooperation finden Sie auf dieser Seite: https://bielefeld.bund.net/themen-und-projekte/wasserversorgung-und-grundwasserschutz/

Es geht bei der Wasserversorgung um eine bedeutende Frage von öffentlichem Interesse. Zu vielen ähnlich bedeutsamen Fragen werden von der Stadt meist Bürgerdialog-Formate angeboten. Warum nicht auch zum aktuellen Streitthema „Wasserversorgung“?

Konkret möchten wir Ihnen vorschlagen, das Format der Wissenswerkstatt dafür zu nutzen. Zum Beispiel mit einer Veranstaltung, auf der die Zukunft der Wasserversorgung mit Bürgerinnen und Bürgern offen erörtert wird. Auf Grundlage der Fachexpertise aus der Wissenschaft – nicht nur allein auf der der Stadtwerke Bielefeld GmbH.

Eine solche Veranstaltung könnte dazu beitragen, die bisher von den Stadtwerken vorgetragenen Gründe sachbezogen zu überprüfen. Damit diese wichtige Entscheidung nicht nur auf Grundlage von Geschäftsinteressen, sondern auch auf Grundlage fundierter Bedarfsnachweise getroffen wird, um den künftigen Einfluss des Klimawandels realistisch zu berücksichtigen.

Was bei dem Thema derzeit schief läuft, macht beispielhaft die von Ihnen zitierte Behauptung von den „weiter sinkenden Grundwasserständen“ deutlich. Denn eine wissenschaftliche Überprüfung würde hier z.B. ergeben, dass es sich dabei tatsächlich um Fake-News handelt. Sinkende Grundwasserstände gab es in den extremen Dürrejahren 2018 und 2022. Mit den überdurchschnittlichen Niederschlägen 2023 - 2024 haben sich die Grundwasserstände längst wieder normalisiert, sie sinken also nicht weiter. Klimawandel heißt nicht weniger Niederschläge, im Gegenteil. Nach den vom LANUV ausgewerteten Studien ist bis 2070 NRW-weit von steigenden oder zumindest gleichbleibender Grundwasserneubildung auszugehen, was auch für das Trinkwassereinzugsgebiet der Stadt Bielefeld bestätigt wird.

Für die AfUK-Sitzung am 15.1.2025 haben wir unsere mehrfach vorgetragen Kritik noch einmal (…) zusammengefasst. (Anm.: vgl. dazu Schreiben an den AfUK). Wir bitten darum, diese Bedenken und Anregungen bei der anstehenden Entscheidung zu berücksichtigen.

BUND-Brief an OB Pit Clausen vom 13.1.2025 (PDF)

Prognose der Entwicklung der Grundwasserneubildung in der Senne (PDF)

Zur Übersicht