Kreisgruppe Bielefeld
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Wasserversorgungskonzept und Fernwasserleitung: BUND fordert breiten Dialog mit der Bürgerschaft

27. August 2024 | BUND, Klimawandel, Nachhaltigkeit, Ressourcen & Technik

Ist die Kooperation mit der Gelsenwasser AG ein Einstieg in die Privatisierung der Bielefelder Wasserversorgung? Wird der Bielefelder Trinkwasserbedarf bis 2050 um 36 % steigen?

Wassergewinnung der Stadtwerke Bielefeld im Furlbachtal. Foto: BUND

Bielefeld, 26.8.2024 | Mit einem Faktencheck stellt der BUND die geplante Wasser-Kooperation mit der Gelsenwasser AG in Frage. Am 27. August berät darüber der Umweltausschuss. Dem Ausschuss liegen zwei Beschlussvor­lagen für ein „Wasserversorgungskonzept 2024“ und der Gründung der „NewCo GmbH Co KG“ vor, einem neuen Wasserversorgungsunternehmen, das Bielefeld mit Fernwasser aus dem Ruhrgebiet versorgen soll. Die Gelsenwasser AG soll mit 50 % Anteilseigner werden. Der BUND sieht darin einen Einstieg in die Privatisierung der Bielefelder Wasserversorgung.

Dazu erklärt BUND-Vorstandsmitglied Adalbert Niemeyer-Lüllwitz: „Die geplante Kooperation mit der Gelsenwasser AG durch Bau einer 18 km langen Fernwasserleitung und dem Einstieg in eine Privatisierung der Bielefelder Wasserversorgung ist von einer solchen Bedeutung und Tragweite für die künftige Bielefelder Wasserversorgung, dass es darüber vor einer Entscheidung einen breiten Dialog mit der Bürgerschaft geben muss. Wir fordern den Rat der Stadt auf, einen solchen Dialog mit geeigneten Veranstaltungen und anderen Dialogformaten jetzt zu starten“.

Und BUND-Wasserexperte Dr. Manfred Dümmer ergänzt: „Die Stadtwerke begründen den Fernwasserbezug mit einer möglichen Beschaffungslücke von bis zu 6,8 Mio. m³/Jahr Trinkwasser bis 2050. Eine solche Steigerung um 36 % kann weder mit dem Bevölkerungswachstum noch mit dem Klimawandel begründet werden. Der vorliegende Entwurf des Wasserversorgungskonzeptes 2024 geht deshalb auch nur von einem Mehrbedarf von 4,17 Mio. m³/a aus. Dieser kann laut diesem Konzept und dem eigenen Bericht der Stadtwerke an den BUND mit der möglichen Steigerung der eigenen Förderung auf 4,75 Mio. m³/a problemlos bewältigt werden“.

Der BUND fragt deshalb: „Wie können den Ausschüssen und dem Rat zugleich zwei sich derart widersprechende Beschlussvorlagen vorgelegt werden?“ Vorlagen, die zudem auf fragwürdigen Daten basieren und bedeutende Fragen ausklammern würden. So würde für die Prognosen ein steigender Pro-Kopf-Bedarf an Trinkwasser zu Grunde gelegt. Tatsächlich sinke der Pro-Kopf-Verbrauch aber tendenziell. In Bielefeld sei er von 135 (1990) auf 120 Liter zurück gegangen. Auch von den Stadtwerken angenommene tendenziell sinkende Grundwasserstände aufgrund des Klimawandels entsprächen nicht dem Stand der Klimaforschung. Klimaforscher gingen vielmehr bei steigenden Temperaturen von Veränderungen in der Niederschlagsverteilung aus, mit eher trockenen Sommer- und feuchten Winterhalbjahren. Im Ergebnis kommen die Studien u.a. des Landesumweltamtes zum Ergebnis, dass je nach Region die Grundwasserneubildung gleichbleibt oder sogar leicht steigt.

Mit einer umfassenden Anfrage nach Umweltinformationsgesetz hatte der BUND die Stadtwerke schon im März gebeten, Daten zur künftigen Wasserversorgung offen zu legen. Die Beantwortung wurde zunächst abgelehnt. Erst nachdem diese Anfrage zurückgezogen wurde, erhielt der BUND Anfang August Informationen über die Trinkwasserbereitstellung und die verfügbaren Kapazitäten. Viele bedeutende Fragen blieben aber nach Einschätzung des BUND weiter offen, so zum Beispiel die Frage, warum sieben stillgelegte Wasserwerke mit einer Förderkapazität von über 3 Mio. m³ Trinkwasser im Jahr nicht reaktiviert werden können. Vor einem Fernwasserbezug müssten alle Kapazitäten zur Steigerung der eigenen Wassergewinnung geprüft werden.

Das vorliegende Wasserversorgungskonzept müsse, so der BUND, deshalb grundlegend überarbeitet werden. Es fehlten nicht nur verlässliche Prognosen und ein Nachweis für den Fernwasserbezug, auch zu Einsparmöglichkeiten in kritischen Zeiten fehlten jegliche Hinweise. Dazu Dr. Manfred Dümmer: „Warum setzt Bielefeld z.B. noch keine Trinkwasserampel ein, wie es andere Wasserversorger in OWL erfolgreich tun? Trinkwasserampeln sind ein wirksames Mittel, um den Wasserverbrauch in kritischen Zeiten zu senken. Dabei wird z.B. dazu aufgerufen, auf das Befüllen von Pools und das Bewässern von Rasenflächen zeitweise zu verzichten“. Die von den Stadtwerken in den Vorlagen genannten kritischen Absatzspitzen in trockenen Sommern könnten durch diese und andere Wassersparkonzepte und technische Maßnahmen wie z.B. Erweiterung und Bau weiterer Hochbehälter besser bewältigt werden.

Wasserkooperation mit Gelsenwasser- BUND-Hintergrundpapier mit Faktencheck (PDF)

Entwurf Wasserversorgungskonzept 2024 für Bielefeld (PDF)

Sitzung des Umweltausschusses am 27.8.2024 (Einladung und Sitzungsunterlagen)

 

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