Nach der Debatte im Umweltausschuss haben die Stadtwerke Unterlagen nachgereicht, die den Bedarf für Fernwasser aus dem Ruhrgebiet belegen sollen. Im November will der Ausschuss erneut darüber beraten. Der BUND hat die vorgelegte „Wasserbedarfsprognose 2050“ und eine Stellungnahme der Bezirksregierung dazu ausgewertet. Das Ergebnis ist klar: Eine Fernwasserpipeline wird für eine sichere Bielefelder Trinkwasserversorgung nicht benötigt. Das geht aus einer dazu an Politik und Verwaltung übersandten Fachstellungnahme hervor. Hier eine Zusammenfassung.
- Die vorgelegte Wasserbedarfsprogose geht von einem möglichen Mehrbedarf bis 2050 von 4,27 Mio m³/a aus. In der Summe ist bereits ein Sicherheitszuschlag von 5 % für mögliche Worst-Case-Szenarien enthalten. Der für den Bedarf eines Fernwasserbezug genannte Mehrbedarf von 6,8 Mio. m³/a wird damit gutachterlich nicht bestätigt.
- In der Summe von 4,27 Mio. m³/a ist ein prognostizierter extrem hoher Netzverlust in Höhe von 1,61 Mio. m³/a eingerechnet, der auch von der Bezirksregierung als bei weitem zu hoch bewertet wird. Man stelle sich vor, die Fernwasserpipeline liefert ab 2030 dauerhaft 2,5 Mio. m³ wertvolles Trinkwasser pro Jahr aus dem Ruhrgebiet nach Bielefeld und davon verschwinden dann 1,6 Mio. m³/Jahr spurlos in den Netzen!
- Die Prognose geht nur von einer maximalen Nutzung der Wasserrechte von 90 % aus, obwohl die Bezirksregierung 95 % als praktikabel zulässt. Der prognostizierte Mehrbedarf an Wasserrechten ist danach weiter zu reduzieren.
Aufgrund dieser Sachlage wendet sich der BUND mit folgenden Empfehlungen an den Umweltausschuss und den Rat der Stadt:
- Wir empfehlen dem Rat aufgrund der damit offen gelegten bzw. noch verstärkten Zweifel vor einer Entscheidung über eine Fernwasserleitung eine Fachanhörung durchzuführen, zu der auch Kritiker und unabhängige Fachleute eingeladen und gehört werden.
- Wir halten es weiter für notwendig, dass vor dieser für die künftige Bielefelder Wasserversorgung tiefgreifenden Entscheidung die Zweifel und ungeklärten Fragen besonders zum Wasserbedarfsnachweis und zu den Möglichkeiten der Erschließung zusätzlicher ortsnaher Grundwasser-Vorkommen von unabhängigen Sachverständigen überprüft werden. Voraussichtlich werden wir als BUND ein solches Gutachten kurzfristig selbst beauftragen und die Ergebnisse in das weitere Verfahren einbringen.
- Wir werden noch vor einer möglichen Entscheidung den Kontakt zur Bezirksregierung Detmold suchen und unsere Bedenken dort vortragen. Die Antwort auf eine von uns an die Bezirksregierung Arnsberg gerichtete Anfrage zu den Wasserrechten des Ruhr-Wasserwerks Echthausen steht noch aus. Eine Antwort muss lt. Umweltinformationsgesetz bis zum 23. Oktober erfolgen. Auch die von uns angestoßene Überprüfung durch das NRW-Umweltministerium ist noch offen.
- Wir weisen erneut daraufhin, dass es für diese Entscheidung keine Zeitnot gibt. Der Zeitplan der Gelsenwasser-AG für die drei weiteren Fernwasserleitungen ab Beckum kann nach unserer Überzeugung nicht funktionieren. Nach aktuellem Stand sind lediglich für die Fernleitung von Beckum nach Oelde die Unterlagen für die Anhörung in Vorbereitung. Für die Abschnitte Oelde-Rheda-Wiedenbrück und Rheda-Wiedenbrück-Varensell gab bzw. gibt es lediglich Termine für eine erste Vorbereitung in Form eines Scoping-Termins. Grundeigentümer (Landwirte) z.B. im Bereich Oelde lehnen die Bereitstellung ihrer Äcker für die Fernleitung ab und haben Klagen angekündigt. Auch für diese Leitungen kann Gelsenwasser die zwingende Notwendigkeit und das öffentliche Interesse bisher nicht nachweisen.
- Da die Stadtwerke in der Sitzung selbst erklärt haben, dass die Wassermenge von 2,5 Mio. m³/a, die ab 2030 durch die Fernleitung fließen soll bzw. laut Vertrag fließen muss, für die Wasserversorgung nicht zwingend benötigt wird (nur zur Absicherung von zweifelhaften Worst-Case-Szenarien), gehen wir davon aus, dass dann leistungsstarke eigene Wasserwerke, in die in der Vergangenheit Millionen investiert wurden, abgeschaltet werden müssen. So wie in den letzten Jahrzehnten, als die Stadtwerke zu viel Wasser hatten. Das wäre dann ein Fall für den Bund der Steuerzahler und den Landesrechnungshof. Und ein Verstoß gegen das Wasserhaushaltsgesetz, nach dem die Wasserversorgung vorrangig aus ortsnahen Quellen erfolgen muss.
- Wir unterstützen eine sichere und nachhaltige Wasserversorgung, die sich auch in Zeiten des Klimawandels in der wasserreichen Region Ostwestfalen weiter auf ortsnahe Vorkommen stützen kann und eine Zulieferung aus dem Ruhrgebiet nicht benötigt.
Stellungnahme des BUND zum Fernwasserbedarf (PDF)
Trinkwasserbedarfsprognose 2050 (PDF)