Kreisgruppe Bielefeld

Riding Ranch: Brief des BUND an die Mitglieder des Rates der Stadt

12. Oktober 2023 | BUND, Lebensräume, Naturschutz

Aufhebung der Baugenehmigung für die „SL Riding Ranch“ – Urteil des VG Minden vom 20.09.2023. Prüfung und wahrheitsgemäße Information zum Zustandekommen dieser Baugenehmigung

Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtes Minden und der Aufhebung der Baugenehmigung für die „SL Riding Ranch“ wendet sich der BUND Bielefeld mit einem offenen Brief an die Mitglieder des Stadtrates. Am Schluss der Briefes heißt es: "Am Ende des Verfahrens können wir als Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt froh darüber sein, dass sich unabhängige Gerichte nicht täuschen lassen. Das ist das Positive. Negativ sind der entstandene Vertrauensverlust in ordnungsgemäße administrative Vorgänge sowie der verursachte finanzielle Schaden, für den jetzt wir als Steuerzahler*innen aufkommen müssen. Wir bitten deshalb den Rat der Stadt Bielefeld, in dieser Sache umfassende Aufklärung von der Verwaltung einzufordern".

BUND-Brief zum Urteil in Sachen Riding Ranch (PDF)

Anlage zum BUND-Brief - Auszüge aus dem Urteil des VG Minden (PDF)

Auszüge aus einer Stellungnahme des Umweltamtes von 2021(PDF)

BUND-Pressemitteilung zum Urteil (PDF)

Hier der Wortlauf des Briefes: 

Sehr geehrte Mitglieder des Rates der Stadt Bielefeld,

wir wenden uns an Sie als gewählte Entscheidungsträger der Stadt Bielefeld und in Ihrer Leitungs- und Kontrollfunktion gegenüber der Verwaltung. 

Wie Sie sicherlich wissen, ist das Verwaltungsgericht Minden nach mündlicher Verhandlung am 20.09.2023 der Klage des BUND NRW gegen den Bau einer Reitsportanlage im geschützten Außenbereich (LSG) gefolgt und hat die Baugenehmigung – auch in der Fassung der Nachtrags-Baugenehmigung vom 01.07.2022 – aufgehoben. Dazu übersenden wir Ihnen als Anlage eine Pressemitteilung des BUND-Kreisvorstandes und Auszüge aus dem Urteil. Eine Berufung wurde vom Verwaltungsgericht ausdrücklich nicht zugelassen.

Sollte die Stadt Bielefeld als Beklagte dennoch in Berufung gehen wollen, müsste sie dies ausdrücklich beim OVG Münster beantragen und begründen. Wir meinen, dass stattdessen jetzt die wahrheitsgemäße Information der Öffentlichkeit über das Zustandekommen dieser Baugenehmigung im Vordergrund stehen sollte. Als politische Vertretung der Bürgerinnen und Bürger können Sie dies von der Verwaltung einfordern.

Bitte berücksichtigen Sie: Der BUND ist mit seiner Klage – am Ende erfolgreich - dafür eingetreten, dass bei der Prüfung von Eingriffen in den geschützten Außenbereich den gesetzlichen Vorschriften gefolgt und das Naturschutzgesetz beachtet wird. Bei der Prüfung dieses Bauvorhabens ist das offensichtlich nicht geschehen. Für den dadurch verursachten Schaden trägt die beklagte Stadt Bielefeld die Hauptverantwortung. Eine Mitverantwortung trägt aber auch die Antragstellerin, weil sie in Kenntnis der Rechtsvorschriften im geschützten Außenbereich als Bauvorhaben eine Hobby-Reitsportanlage bauen wollte. Landwirtschaft wurde dabei - wie der BUND beständig erklärt und das Gericht nun unzweifelhaft bestätigt hat - vorgetäuscht.

Das Gericht ist vollumfänglich der von uns vorgetragenen Klagebegründung gefolgt. Der bereits rechtskräftige Eilbeschluss vom 13.12.2021 (Baustopp) wird damit bestätigt. Das Urteil untermauert, was der BUND schon mit Schreiben an die Stadt am 10.09.2021 festgestellt hatte: Die Voraussetzungen für eine Anerkennung als landwirtschaftlicher Betrieb – und damit die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Bauverbot im Landschaftsschutzgebiet – lagen beim Bauantrag nicht vor.

Wir erinnern dazu auch an unseren Offenen Brief an den Rat der Stadt vom 4.1.2022. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Baustoppbeschluss vom 13.02.2021 Rechtskraft erlangt. Dass das Bauamt dann in seiner  Stellungnahme vom 17.1.2022 (Sitzung des StEA vom 1.2.2022) erneut die Genehmigungsfähigkeit als „bescheinigt“ auf Grundlage des Gutachtens zur Wirtschaftlichkeit bezeichnet hat, ist nicht nachvollziehbar, hatte das Gericht im Baustoppbeschluss doch mit der Fehlerhaftigkeit explizit dieses Gutachtens seinen Eilbeschluss begründet.

Weil mit der rechtswidrigen Baugenehmigung erheblicher Schaden verursacht wurde, erwarten wir vom Rat der Stadt Bielefeld, von der Verwaltung umfassende Aufklärung über die Umstände einzufordern, die dazu geführt haben. Insbesondere haben Sie als Stadtvertretung das Recht auf Information darüber, welche Kosten der Fall verursacht hat und welche weiteren Konsequenzen das Urteil nach sich zieht.

Wir präzisieren dazu unsere in der beigefügten PM aufgeworfenen Fragen:

1. Die Rechtslage erfordert in solchen Fällen – wie das Gericht ausführlich auch schon im Eilbeschluss und jetzt im Urteil erläutert hat - eine „besonders strenge Prüfung“ der Genehmigungsvoraussetzungen. Die Verwaltung sollte umfassend darüber informieren, ob eine solche Prüfung stattgefunden hat.

2. Im Verlauf der öffentlichen Verhandlung wurde bekannt, dass das Umweltamt der Stadt Bielefeld in seiner Stellungnahme vom 05.01.2021 „erhebliche Bedenken“ gegen das Bauvorhaben geltend gemacht hatte und insbesondere darlegte, dass es sich um ein nicht genehmigungsfähiges Vorhaben nach § 35 Baugesetzbuch handele. Bemerkenswert ist, dass die in dieser Stellungnahme genannten Gründe sich jetzt auch im Urteil des VG Minden wiederfinden. Der Rat der Stadt sollte unseres Erachtens Einblick nehmen in diese Unterlagen, und auch erfahren, wie und warum es trotzdem zu einer Genehmigung des Vorhabens kam.

3. In einer Stellungnahme des Bauamtes – veröffentlicht in der Sitzung des StEA am 21.09.2021 - wird die Erteilung der Baugenehmigung mit § 35 BGB begründet. Gegenüber der Öffentlichkeit und auf Rückfragen wurde erklärt, die Anerkennung des Vorhabens als privilegierter landwirtschaftlicher Betrieb stütze sich auf Stellungnahmen der Landwirtschaftskammer (LWK). Laut Westfalenblatt vom 09.09.2021 erklärte dazu ein leitender Mitarbeiter des Bauamtes, „es bestehe kein Zweifel, dass es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb handelt“. Weiter wird er dort zitiert: „Das hat auch die Landwirtschaftskammer bestätigt“.

Tatsächlich bestätigt das Gericht die besondere Bedeutung fachlicher Stellungnahmen durch die LWK. Nach Auswertung der drei Stellungnahmen der LWK stellt das Gericht allerdings fest, dass in diesem Fall vonseiten der LWK kein positives „Attest“ vorliege. Im Gegenteil habe die LWK „deutliche Kritikpunkte“ vorgetragen und die Anerkennung der Voraussetzungen als privilegierter landwirtschaftlicher Betrieb ausdrücklich nicht bestätigt (vgl. Anlage: Auszüge aus dem Urteil des VG Minden vom 20.09.2023).  

Die Verwaltung sollte dem Rat darlegen, warum sie trotz dieses fehlenden „Attests“ vonseiten der LWK dem Bauantrag zugestimmt und der Politik und der Öffentlichkeit gegenüber Gegenteiliges behauptet hat. Dabei sollte auch reflektiert werden, welche Rolle ein Gespräch spielte, das der Beigeordnete mit Frau Hagedorn, ihrem Ehemann und ihrem Anwalt geführt hat, und auf das sich das Gericht in seinem Urteil S.27 bezieht (vgl. Auszüge aus dem Urteil als Anlage).

Am Ende des Verfahrens können wir als Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt froh darüber sein, dass sich unabhängige Gerichte nicht täuschen lassen. Das ist das Positive. Negativ sind der entstandene Vertrauensverlust in ordnungsgemäße administrative Vorgänge sowie der verursachte finanzielle Schaden, für den jetzt wir als Steuerzahler*innen aufkommen müssen.

Wir bitten deshalb den Rat der Stadt Bielefeld, in dieser Sache umfassende Aufklärung von der Verwaltung einzufordern.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Schepsmeier, Jürgen Birtsch, Adalbert Niemeyer-Lüllwitz

Vorstand der BUND-Kreisgruppe Bielefeld

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