Kreisgruppe Bielefeld

Ökologisch wertvoller „Bärlauchwald“ in Brackwede verwüstet

13. Dezember 2019 | Bäume, Bielefelder Wald, BUND, Klimawandel, Naturschutz, Wälder

BUND beklagt Schädigung eines wertvollen Naturschutz- und Erholungswaldes durch forstliche Eingriffe

"Bärlauchwald" am Lönkert vor und nach dem forstlichen Eingriff  (Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)

Bei einer Wanderung auf der „NaturZeit-Route“ konnte man ihn noch in diesem Sommer erleben, den kleinen „Bärlauchwald“ in Bielefeld-Brackwede. Ein Kleinod mitten in der Stadt, zwischen der Arthur-Ladebeck-Straße und der Straße Am Lönkert gelegen. Im Oktober wurden viele teilweise alte Bäume - Buchen, Eichen, Bergahorn und Eschen - gefällt,  begründet von Seiten des städtischen Forstbetriebes als „Verkehrssicherungsmaßnahme“. Große Freiflächen prägen jetzt das Bild, flächig befahren und verdichtet mit schweren Forstmaschinen.

Die geernteten Baumstämme liegen im Dezember noch als markiertes Wertholz an der Straße, über 30 Stämme und wertvolle “Biotopbäume“, die diesen Wald einmal geprägt haben. An den Stämmen und Baumscheiben kann man gut sehen: Todkrank waren viele der Bäume nicht. Das zeigten auch Begehungen, die der BUND vor den Eingriffen hier vorgenommen hat. Sicher: einige der Bäume zeigten Schwäche- und Erkrankungssymptome aufgrund der extremen Dürre, z.B. durch trockene Kronenbereichen und Pilzbefall. Dennoch bestehen Zweifel, ob dieser Eingriff in diesem Ausmaß zwingend erforderlich war. Verkehrssicherung war rechtlich nur in Nähe der Straßen und Nachbargrundstücke erforderlich. Es wurden aber auch viele n Bäume auch im Waldesinneren gefällt.

Der BUND stellt Maßnahmen zur Verkehrssicherung nicht in Frage. Diese rechtliche Verpflichtung gilt aber nicht für das Innere von Wäldern. Hier gilt der Grundsatz: Das Betreten eines Waldes erfolgt auf eigene Gefahr. Und Waldeigentümer haften nicht für waldtypische Gefahren.

Für den BUND ergeben sich nach diesem Eingriff viele Fragen. Wurde bei allen gefällten Bäumen z.B. durch Gutachter eine so starke Schädigung festgestellt, dass Fällungen unumgänglich waren? Ging wirklich von jedem der gefällten Bäume eine Gefahr aus? Hätte es nicht bei einzelnen Buchen mit nur teilweise trockenen Kronenbereichen genügt, trockene Teile der Krone zurück zu schneiden?

Warum wurde eine über 120jährige Eiche am Straßenrand (Am Lönkert) gefällt, die nach Einschätzung des BUND noch standsicher war?

Warum war es nicht möglich, bei einzelnen Bäumen längere Stammstücke (3-5 m) als ökologisch wertvolles stehendes Totholz stehen zu lassen? Warum wurde dieses nicht zumindest bei der einen sehr alten abgestorbene Buche im Waldesinneren gemacht, die als Höhlenbaum von großem ökologischen Wert war?

Warum konnten nicht einzelne Bäume nur gefällt und dann als wertvolles Totholz am Ort liegen bleiben? Damit hätte die Schädigung der Waldböden vermieden werden können. Warum wurde nicht auf boden- und naturschonenden Verfahren der Holzernte – wie z.B. Seilzugtechnik - zurückgegriffen? Nach Überzeugung des BUND wäre hier mit etwas mehr Fingerspitzengefühl und Kreativität eine naturschonendere Vorgehensweise möglich gewesen.

Ein besonders Problem ist das flächige Befahren des Waldbodens mit schweren Maschinen, durch das der Wald jetzt mit einer schweren Hypothek belastet ist. Nach einer Untersuchung der TU München verlieren solche verdichteten Böden bis zu 90 % ihrer Wasserspeicherfähigkeit. 

Was passiert jetzt in diesem Wald, wenn weitere Dürrejahre folgen? Was passiert jetzt mit den radikal freigestellten Buchen, die schutzlos Hitze und Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind?  

Die gesamte Forstbranche redet aktuell von der Klimakrise des Waldes, beklagt die massiven Baumschäden und fordert vom Staat bzw. von uns Steuerzahlern Entschädigung für die Verluste. Dass forstliche Eingriffe mitverantwortlich sind für das Baumsterben, wie auch in diesem Fall, will niemand hören. Es ist an der Zeit, das hier ein Umdenken stattfindet: Hin zu einer ökologischen, naturnahen, auf die Entwicklung stabiler und intakter Waldökosysteme ausgerichteten Forstwirtschaft. (BUND Bielefeld)

Bildstrecke: "Bärlauchwald" am Lönkert, Brackwede, vor dem forstlichen Eingriff im Oktober 2019

Bildstrecke: Baumfällungen im "Bärlauchwald" am Lönkert, Brackwede, Oktober  - November 2019

Bildstrecke: "Bärlauchwald" Am Lönkert nach den forstlichen Eingriffen, Dezember 2019

Zur Übersicht