"Bärlauchwald" am Lönkert vor und nach dem forstlichen Eingriff
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Bei einer Wanderung auf der „NaturZeit-Route“ konnte man ihn noch in diesem Sommer erleben, den kleinen „Bärlauchwald“ in Bielefeld-Brackwede. Ein Kleinod mitten in der Stadt, zwischen der Arthur-Ladebeck-Straße und der Straße Am Lönkert gelegen. Im Oktober wurden viele teilweise alte Bäume - Buchen, Eichen, Bergahorn und Eschen - gefällt, begründet von Seiten des städtischen Forstbetriebes als „Verkehrssicherungsmaßnahme“. Große Freiflächen prägen jetzt das Bild, flächig befahren und verdichtet mit schweren Forstmaschinen.
Die geernteten Baumstämme liegen im Dezember noch als markiertes Wertholz an der Straße, über 30 Stämme und wertvolle “Biotopbäume“, die diesen Wald einmal geprägt haben. An den Stämmen und Baumscheiben kann man gut sehen: Todkrank waren viele der Bäume nicht. Das zeigten auch Begehungen, die der BUND vor den Eingriffen hier vorgenommen hat. Sicher: einige der Bäume zeigten Schwäche- und Erkrankungssymptome aufgrund der extremen Dürre, z.B. durch trockene Kronenbereichen und Pilzbefall. Dennoch bestehen Zweifel, ob dieser Eingriff in diesem Ausmaß zwingend erforderlich war. Verkehrssicherung war rechtlich nur in Nähe der Straßen und Nachbargrundstücke erforderlich. Es wurden aber auch viele n Bäume auch im Waldesinneren gefällt.
Der BUND stellt Maßnahmen zur Verkehrssicherung nicht in Frage. Diese rechtliche Verpflichtung gilt aber nicht für das Innere von Wäldern. Hier gilt der Grundsatz: Das Betreten eines Waldes erfolgt auf eigene Gefahr. Und Waldeigentümer haften nicht für waldtypische Gefahren.
Für den BUND ergeben sich nach diesem Eingriff viele Fragen. Wurde bei allen gefällten Bäumen z.B. durch Gutachter eine so starke Schädigung festgestellt, dass Fällungen unumgänglich waren? Ging wirklich von jedem der gefällten Bäume eine Gefahr aus? Hätte es nicht bei einzelnen Buchen mit nur teilweise trockenen Kronenbereichen genügt, trockene Teile der Krone zurück zu schneiden?
Warum wurde eine über 120jährige Eiche am Straßenrand (Am Lönkert) gefällt, die nach Einschätzung des BUND noch standsicher war?
Warum war es nicht möglich, bei einzelnen Bäumen längere Stammstücke (3-5 m) als ökologisch wertvolles stehendes Totholz stehen zu lassen? Warum wurde dieses nicht zumindest bei der einen sehr alten abgestorbene Buche im Waldesinneren gemacht, die als Höhlenbaum von großem ökologischen Wert war?
Warum konnten nicht einzelne Bäume nur gefällt und dann als wertvolles Totholz am Ort liegen bleiben? Damit hätte die Schädigung der Waldböden vermieden werden können. Warum wurde nicht auf boden- und naturschonenden Verfahren der Holzernte – wie z.B. Seilzugtechnik - zurückgegriffen? Nach Überzeugung des BUND wäre hier mit etwas mehr Fingerspitzengefühl und Kreativität eine naturschonendere Vorgehensweise möglich gewesen.
Ein besonders Problem ist das flächige Befahren des Waldbodens mit schweren Maschinen, durch das der Wald jetzt mit einer schweren Hypothek belastet ist. Nach einer Untersuchung der TU München verlieren solche verdichteten Böden bis zu 90 % ihrer Wasserspeicherfähigkeit.
Was passiert jetzt in diesem Wald, wenn weitere Dürrejahre folgen? Was passiert jetzt mit den radikal freigestellten Buchen, die schutzlos Hitze und Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind?
Die gesamte Forstbranche redet aktuell von der Klimakrise des Waldes, beklagt die massiven Baumschäden und fordert vom Staat bzw. von uns Steuerzahlern Entschädigung für die Verluste. Dass forstliche Eingriffe mitverantwortlich sind für das Baumsterben, wie auch in diesem Fall, will niemand hören. Es ist an der Zeit, das hier ein Umdenken stattfindet: Hin zu einer ökologischen, naturnahen, auf die Entwicklung stabiler und intakter Waldökosysteme ausgerichteten Forstwirtschaft. (BUND Bielefeld)
Bildstrecke: "Bärlauchwald" am Lönkert, Brackwede, vor dem forstlichen Eingriff im Oktober 2019
"Bärlauchwald" am Lönkert vor und nach dem forstlichen Eingriff
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Bärlauchwald vor dem Eingriff. Diese eindrucksvolle Baumgruppe wurde durch das Fällen der alten der Buche rechts im Bild zerstört.
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Infotafel des Naturpark am Wanderweg "ZeitReise" zum Bärlauchwald
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Bärlauchwald
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Infotafel des Naturpark am Wanderweg "ZeitReise" zum Bärlauchwald
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Infotafel zum Standort mit historischer Karte
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Bärlauchwald vor dem Eingriff. Die gesunde Birke im Vordergrund wurde gefällt. Bis Oktober 2019 durchzog nur ein schmaler Pfade den Wald.
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Markierte Birke. Wurde hier wie die anderen ca. 10 Birken gefällt, obwohl gesund, weil manche Förster darin immer noch "Forstunkraut" sehen.
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Bärlauchwald vor dem Eingriff mit noch fast geschlossenem Kronendach. Die Buche im Vordergrund wurde gefällt.
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Gesunde und markierte Robinie. Fällung völlig unnötig.
(A. Niemeyer-Lüllwitz)
Blick in das Wäldchen vor den forstlichen Eingriffen
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Die sehr alte, ca. 150jährige Rotbuche im Bild links wurde gefällt.
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Diese im Kronenbereich z.T. trockene Rotbuche wurde gefällt. Ein Rückschnitt der Krone hätte zur Herstellung der "Verkehrssicherheit" (sofern an dieser Stelle im Waldesinneren überhaupt erforderlich) genügt.
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Leichte Kronentrocknis in der Kronenspitze dieser Buche führte zur Fällung. Hätte im Waldesinneren weit ab der Straße und dem Pfad stehen bleiben können.
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Dieser gesunde und vitale Bergahorn war zum Fällen markiert, blieb dann aber stehen. Andere vergleichbare Bergahorn (im Waldesinneren) wurde gefällt.
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Bildstrecke: Baumfällungen im "Bärlauchwald" am Lönkert, Brackwede, Oktober - November 2019
Bärlauchwald vor dem Eingriff. Von dieser eindrucksvollen Baumgruppe wurde die Buche rechts im Bild leider gefällt.
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Baumgruppe nach dem Eingriff. Am Baumfuß gab es Pilzbefall. Aber der Baum stand weitab der Straßen und Waldgrenze im Waldesinneren.
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Zwei laut Markierung zu fällende Rotbuchen, die im Kronenbereich noch belaubt waren. Gefällt wurde dann nur der Baum im Vordergrund (siehe nächstes Bild).
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Die Buche an der Straße (im Hintergrund) blieb trotz Markierung stehen. Freigestellt ist sie jetzt der Sonneneinstrahlung ausgesetzt.
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Für den Verkauf markierte Wertholzstämme am Straßenrand.
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Gefällte ca. 120jährige Stieleiche an der Srraße Am Lönkert
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Stammstück der gefällten ca. 120jährige Stieleiche, Pilzbefall am Stamm nicht erkennbar
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Kronenreste der gefällten ca. 120jährige Stieleiche, gesund.
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Stammstück der gefällten, offenbar noch standsicheren ca. 120jährige Stieleiche
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Gefällter Bergahorn im Waldesinneren, gesund.
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Gefällter Bergahorn, offenbar noch gesund, am Straßenrand
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Esche
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Gefällte Esche
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Kronenteile der gefällten Esche. Warum bleibt solches Holz nicht als Totholz im Wald?
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Gefällte kranke Rotbuche, die als liegendes Totholz im Wald verblieben ist. Hätte hier abseits der Straße auch als stehendes Totholz verbleiben können.
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Für den Verkauf markierte Wertholzstämme am Straßenrand.
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Gefällte Rotbuchen, z.B. krank, liegen am Straßenrand. Nur noch als Brennholz nutzbar. Hätten als liegendes Totholz im Wald verbleiben sollen.
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Gefällte Rotbuchen, z.B. krank, liegen am Straßenrand. Nur noch als Brennholz nutzbar. Hätten als liegendes Totholz im Wald verbleiben sollen.
(Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)
Bildstrecke: "Bärlauchwald" Am Lönkert nach den forstlichen Eingriffen, Dezember 2019
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