Bielefeld, 9.3.2024 | Ein vom Sprecher der grünen Ratsfraktion im Stadtentwicklungsausschuss (StEA) vorgetragener Prüfauftrag, die Stadtbahn auf der Herforder Straße als U-Bahn unter die Erde zu verbannen, löst Unverständnis beim Bündnis Verkehrswende OWL aus. Das Bündnis sieht darin einen klaren Widersprucn zur Verkehrswende.
„Den Vorschlag, die Stadtbahn auf der Herforder Straße unter die Erde zu legen, halten wir für abwegig“, stellt Dr. Barbara Burghardt vom Bündnis „Verkehrswende OWL“ fest: „Er hat nicht nur keine Chance auf Finanzierung, sondern er setzt auch verkehrspolitisch falsch an. Mit einer U-Bahn würde dem Autoverkehr in die Innenstadt der rote Teppich ausgerollt. Das widerspräche massiv den verkehrs- und klimapolitischen Zielen der Stadt und stünde den Anforderungen eines verkehrssicher erreichbaren Schulcampus auf dem Seidensticker-Areal entgegen.“ Der U-Bahn-Vorschlag sei ein Rückfall in die auf eine autogerechte Stadt ausgerichtete Planungsphilosophie der 70er und 80er Jahre des letzten Jahrhunderts.
„Verkehrswende OWL“ fordert die Politik auf, sich endlich den tatsächlichen Erfordernissen zu stellen, nämlich zum einen der Verringerung des Autoverkehrs in dem Korridor Bielefeld – Herford/Lemgo durch eine gezielte Förderung Bus und Bahn und durch ausgebaute P&R-Angebote und zum anderen der Schaffung einer sicheren Erschließung des Schulcampus.
„Im August 2026 sollen die ersten Schülerinnen und Schüler auf den Campus kommen. „Bis dahin gibt es viel zu tun.“, mahnt Dr. Godehard Franzen, Sprecher des Bündnis: „Die Stadtbahnhaltestelle Schillerstraße muss verbreitert und mit einer ampelgesicherten Querung an der Westseite ausgestattet werden. Es müssen sichere Radwege und deutlich breitere Fußwege zum Schulgelände geschaffen werden. Das wird nur gehen, wenn die Zahl der Fahrspuren von 4 auf 2 reduziert wird. Unmittelbar vor dem Haupteingang zum Schulcampus wird vermutlich eine zweite gesicherte Querung notwendig sein, insbesondere um die Radfahrer/innen, die auf der Nordseite zur Schule fahren, sicher über die Straße zum Schulgelände zu führen. Zwischen der Feldstraße und der Stadtheider Straße wird Tempo 30 anzuordnen sein.
Durch diese Maßnahmen wird die Aufnahmefähigkeit der Herforder Straße für den Autoverkehr deutlich eingeschränkt. Welche Belastung mit den Sicherheitsanforderungen für die Schülerinnen und Schüler verträglich ist, muss schleunigst ermittelt werden. Dabei müssen die einschlägigen Unfallstatistiken im Umfeld von Schulen berücksichtigt werden.“ Das Bündnis weist darauf hin, dass diese Umbaumaßnahmen, insbesondere der Umbau der Stadtbahnhaltestelle, ein Planfeststellungsverfahren erforderlich machen können. Daher sei Eile geboten. Ein Schulstart im August 2026 ohne sichere Verkehrserschließung des Schulcampus sei unverantwortlich.
„Auf diesem Hintergrund muss die weitere Planung für die Herforder Straße entwickelt werden“, fordert Adalbert Niemeyer-Lüllwitz vom Bündnis: „Es macht keinen Sinn, Teile der Herforder Straße vierspurig mit einer Belastung von 30.000 KZF/Tag zu planen, weil der Abschnitt vor dem Schulcampus diese Verkehrsmenge definitiv nicht bewältigen kann.“
Die Möglichkeiten, den Verkehr von der L712n durch verkehrslenkende Maßnahmen von der Herforder Straße fern zu halten, seien sehr begrenzt. Deshalb müsse alles daran gesetzt werden, die Verkehrsmenge durch Verkehrsvermeidung und Verlagerung auf andere Verkehrsmittel deutlich zu reduzieren. Niemeyer-Lüllwitz: „Genau das entspräche den vom Rat festgelegten Zielen der Verkehrswende.“
Ratsbeschluss für einen sicheren Radweg auf der Herforder Straße wird ignoriert
Es wäre die Lösung auch für den sicheren Schulweg zum Bildungscampus: Die im Radverkehrskonzept vorgesehene Bikelane auf der Herforder Straße. Wir erinnern an den Ratsbeschluss vom 24.6.2021. Im vom Rat beschlossenen Radverkehrskonzept heißt es dazu:
„Für das Jahr 2025 gibt es bereits Straßenbaupläne für die Herforder Straße zwischen Baumheide und Brake. Demnach sollen die dortigen vom Radverkehrskonzept vorgeschlagenen Maßnahmen im Zuge der geplanten Umbauten und unter Berücksichtigung der Planungen für den Radschnellweg OWL 2.0 sukzessive ab dem Jahr 2025 umgesetzt werden (Nr. 238 in 2025, Nr. 117 und 118 in 2027 und Nr. 285 in 2028).Da jedoch auch diese Strecke für die Radinfrastruktur Bielefelds von großer Bedeutung ist, wird auch für die Herforder Straße eine Protected Bikelane nach Einrichtung der Protected Bikelane an der Artur-Ladebeck-Straße für das Jahr 2023 (Nr. 377 und 378) vorgeschlagen“
Im dazugehörigen Ratsbeschluss heiß es: „Die Verwaltung wird beauftragt, bis 2025 - die für diesen Zeitraum aufgeführten Maßnahmen bis zur Beschlussreife vorzubereiten (Bürger*innenbeteiligung, Abstimmung mit weiteren Beteiligten, Fördermittelbeantragung, Planung, gutachterliche Beauftragung), - ggf. den zuständigen Gremien unter Beachtung der Beteiligungsrechte der Bezirksvertretungen zur Beschlussfassung vorzulegen und umzusetzen“.
Der Rat hat also die Lösung für den sicheren Schulweg zum Schulcampus schon beschlossen und auf den Weg gebracht: Die Einrichtung einer Protected Bikelane auf der Herforder Straße. Bis 2023 sollte das schon umgesetzt werden. Das wäre auf dem vierspurigen Abschnitt der Herforder Straße auch schon ein Baustein für den geplanten Radschnellweg. Bei der Sitzung im StEA betonten alle Politker*innen, wie wichtig beim Bildungscampus die Sicherheit der Schülerinnen und Schüle sei. Warum wurde mit keinem Wort erwähnt, dass der Rat eine zentrale die Lösung des Problems schon auf den Weg gebracht hat? Warum hat die Verwaltung nicht schon längst dafür einen Planungsvorschlag vorgelegt? Ist dieses Verschleppen der Entscheidung für einen sicheren Radweg nicht ein Hinweis darauf, dass sich die Koalition im Bereich Herforder Straße von der Verkehrswende verabschieden will?
Protokoll Ratssitzung vom 24.6.2024