Wir geben hier nachfolgend Auszüge des Wochenkommentars von Stefan Gerold, Neue Westfälische vom 18.10.2023 wieder:
Die Stadt Bielefeld hat ihren Fehler eingestanden, der Gütersloher Unternehmerin eine Baugenehmigung erteilt zu haben.
Das wird Nachahmer abschrecken, in einem Landschaftsschutzgebiet bauen zu wollen.
Alea iacta est. Die Übersetzung aus dem Lateinischen ist umstritten. Die einen übersetzen es mit „der Würfel ist gefallen“ oder unter Vernachlässigung des Singulars mit „die Würfel sind gefallen“. Die Bedeutung ist aber gleich: Bestimmte Geschehnisse sind unumkehrbar oder stehen unausweichlich bevor.
Als unumkehrbar hat die Stadt Bielefeld jetzt das Urteil des Verwaltungsgerichtes Minden anerkannt, dass sie die Baugenehmigung für die Riding Ranch zu Unrecht erteilt hat. (…) Um überhaupt Chancen auf eine Berufung zu haben, müsste die Stadt Bielefeld klarlegen, dass dieses Urteil komplett falsch ist. Das kann sie nicht und muss somit einen großen Fehler eingestehen (…)
Unausweichlich war die Entscheidung von Barbara Hagedorn, das Urteil zum Aus der Riding Ranch nicht anzunehmen (…) Schließlich hat sie schon viel investiert, viele Gebäude der insgesamt 3 Millionen teuren Reitsportanlage sind schon halb fertig. (...) Nun droht also noch über Jahre hinweg ein Rechtsstreit vielleicht bis zum Bundesverwaltungsgericht. (…)
Hat somit eigentlich der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sein Ziel erreicht, eine Bebauung in einem Landschaftsschutzgebiet zu verhindern und diese Fläche für die Natur zu erhalten? Ja und Nein. Zumindest im Landschaftsschutzgebiet in Holtkamp hat es die Umweltschutzorganisation nicht erreicht. Statt einer naturnahen Fläche für Tiere und Pflanzen ragen dort auf 2,5 ha Land Stahlstreben aus der Erde, auf denen Holzgiebel ruhen, die den Naturgewalten nun schutzlos ausgeliefert sind und mit der Zeit verfallen werden, da kein Dach darauf gebaut werden darf. Zur Ehrenrettung muss geschrieben werden, dass die Umweltschützer Klage eingereicht haben, als die ersten Schotterarbeiten dort begannen. Das anschließende Verfahren hat sich über zwei Jahre hingezogen. Wären damals die Arbeiten sofort gestoppt worden, wäre der Rückbau heute ein Leichtes. Auch jetzt gäbe es noch einen Weg zurück, dafür soll eine gewisse Firma Hagedorn sogar Spezialist sein. Aber das wird vorerst nicht geschehen.
Die Gewinner dieses Rechtstreites sind andere Landschaftsschutzgebiete in Deutschland, die von etwaigen Nachahmern Barbara Hagedorns verschont bleiben werden. Von diesem Urteil wird das Signal ausgehen, dass mit dem BUND nicht zu spaßen ist, wenn es um den Schutz der Natur geht.
Oberbürgermeister Pit Clausen, selbst lange Jahre Arbeitsrichter, nannte die Recherche der Kammer des Verwaltungsgerichtes in der Urteilsfindung „investigativ“. Nun, manch einer hätte sich gewünscht, dass die Bielefelder Behörde vor der Erteilung der Baugenehmigung für die Reitsportanlage ebenso akribisch vorgegangen wären. Das hätte viel Ärger erspart.
So gelang es dem Vorsitzenden Richter Christoph Schewe und seinem Team, die Unternehmerin Barbara Hagedorn zu demaskieren, die zunächst eine Reitsportanlage errichten wollte, aber schnell zur Landwirtin mutierte, weil nur ein landwirtschaftlicher Betrieb im Landschaftsschutzgebiet errichtet werden darf.
Als der Richter die angebliche Landwirtin, die mit ihrem Betrieb Gewinn erzielen wolle, vor Gericht auf bäuerliche Tugenden prüfte, kam nicht viel mehr als heiße Luft. Sie hätte einen Onlinekurs absolviert …
Wie denken Sie darüber? Ich freue mich auf ihre Anregungen unter stefan.gerold(at)nw.de
Quelle: NW vom 28.10.2023 (Link)