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Geplante Bebauung in Sennestadt: Waldrodung schafft Tatsachen

28. Januar 2020 | Bäume, Bielefelder Wald, BUND, Lebensräume, Naturschutz

Stellungnahme der Bielefelder Naturschutzverbände: Belange des Natur- und Landschaftsschutzes missachtet

Wertvolle erhaltenswerte Bäume wie diese über 200jährige Stieleiche wurden gerodet  (Foto: A. Niemeyer-Lüllwitz)

Auf einer Fläche von über 3 Hektar wird seit einigen Tagen an der Verler Straße in Sennestadt Wald gerodet. Geplant ist hier im Rahmen des Bebauungsplanes Donauallee ein ca. 4,5 ha großes Baugebiet, zu dem allerdings der Bebauungsplan noch in der Abstimmung ist. Der Naturschutzbeirat und die Naturschutzverbände hatten dazu im letzten Jahr Änderungen und Auflagen gefordert. Ein Teil des Waldes und wertvolle Bäume sollten erhalten werden, so BUND, NABU, Naturwissenschaftlicher Verein und pro grün. Die Verbände kritisieren, dass jetzt durch den privaten Investor noch vor der Erörterung dieser Bedenken und der Genehmigung des Bebaungsplanes Tatsachen geschaffen wurden.  

Der Naturschutzbeirat hatte unter anderem gefordert, zumindest Waldrandflächen u.a. an der Bahnlinie als biotopverbindende Bereiche sowie wertvolle Einzelbäume zu erhalten. Konkret wurde gefordert: „Erhalt des Waldcharakters nördlich der Bahnlinie als westöstliche Biotopverbundachse“. Im Wald waren bei Untersuchungen verschiedene seltene und gefährdete Tierarten, darunter Fledermäuse wie  die Breitflügelfledermaus, Großer und Kleiner Abendsegler, Mausohr-, Wasser- und Zwergfledermaus festgestellt worden. Zudem wurden verlassene Horste der Schleiereule nachgewiesen. Im Zielkonzept Naturschutz der Stadt war die gesamte Waldfläche deshalb als erhaltenswert bewertet worden.

Dennoch wurde der Wald jetzt bis zur Bahnlinie gerodet. Gefällt wurden auch besonders wertvolle Eichen und Buchen, darunter eine Stieleiche mit einem Stammdurchmesser von ca. 120 cm und einem geschätzten Alter von über 200 Jahren. Auch unmittelbar im Randstreifen zur Verler Straße wurden Bäume gefällt, die einer Bebauung grundsätzlich nicht im Wege standen und deren Erhalt möglich gewesen wäre. 

Laut Landesforstgesetz sind Kahlhiebe in Wäldern im Rahmen der ordnungsgemäßen Forstwirtschaft verboten bzw. nur im Ausnahmefall auf eine maximale Fläche von 2 Hektar begrenzt. In diesem Fall wurde weit über 2 ha Wald gerodet. Die Umweltverbände haben deshalb beim Umweltamt nachgefragt, ob für die Rodung von Seiten der Stadt bzw. der Forstbehörde eine Ausnahmegenehmigung erteilt wurde. Eine Antwort steht noch aus.

In dem noch anstehenden Bebauungsplanverfahren wollten die Verbände ihre Forderungen im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung einbringen. Leider wurden jetzt Tatsachen geschaffen und damit die Beteiligungsrechte von Bürgern und wichtige Belange mit Füßen getreten! Warum dieses Verfahren bis zur Genehmigung des B-Planes nicht abgewartet werden konnte, ist aus Sicht der Naturschutzverbände nicht nachvollziehbar.

Neben den Naturschutzbelangen hatten die Verbände im Beirat auch ein flächensparendes Bauen mit Mehrgeschosswohnungsbau gefordert. Der vorliegende Plan mit weit überwiegend Einfamilienhäusern steht dem entgegen. Besondere Gründe, warum hier sogar der städtische Mindeststandard für Neubebauungen, mindestens 25 % öffentlich gefördertem Wohnraum vorzusehen, deutlich unterschritten werden soll, sind nicht erkennbar.

Aus Sicht der Umweltverbände ist die gesamte Bebauung an dieser Stelle fragwürdig, auch wenn hier der Flächennutzungsplan in Teilen noch eine „Wohnbaufläche“ dargestellt. In Anbetracht des Klimawandels und des Ratsbeschlusse zum Klimanotstand ist es erforderlich, alle Planungen, die in wertvolle Grünbereiche eingreifen, zu überdenken. Es ist an der Zeit, deshalb den Flächennutzungsplan unter Klimaschutzgesichtspunkten auf den Prüfstand zu stellen und zu überarbeiten. Mit Blick auf die Kommunalwahl erwarten die Verbände von den Ratsparteien entsprechende Initiativen. Zudem fordern die Verbände einen ernsthaften Umgang mit den Beschlüssen und Empfehlungen des Naturschutzbeirates.

Für die Bielefelder Natur- und Umweltschutzverbände:

Dr. Wiebke Hohmann, Jürgen Albrecht, Naturschutzbund Deutschland, Stadtverband Bielefeld e.V.

Claudia Quirini-Jürgens, Naturwissenschaftlicher Verein für Bielefeld und Umgebung e. V.

Adalbert Niemeyer-Lüllwitz, Jürgen Birtsch, Bund für Umwelt und Naturschutz e.V., Kreisverband Bielefeld

Prof. Tilmann Rhode-Jüchtern, Gemeinnütziger Verein pro grün Bielefeld e.V.

Bildstrecke: Waldrodung in Sennestadt, Verler Straße, für ein neues Baugebiet

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