Wer derzeit im Kammbereich des Teutoburger Wald am Sennberg wandert, wundert sich. Vor Monaten wurden hier flächig auf drei Privatwaldflächen abgestorbene Fichten gerodet. Jetzt wurden die Flächen komplett wieder mit Fichten aufgeforstet! Dabei sind sich Forstexperten einig: Die Fichte ist hier im Teuto keine geeignete Zukunftsbaumart.
Mit dem Klimawandel verbundene extreme Trockenheit und Hitze setzen unter allen Baumarten besonders der Fichte zu. Über 90 % aller aktuellen Waldschadensflächen in NRW sind Fichtenflächen. Über Generationen hinweg ist diese Nadelbaumart großflächig in Form unnatürlich gleichaltriger Plantagen angebaut worden, obwohl die Art in NRW nicht heimisch ist. Trockenheit und Stürme sowie nachfolgend Borkenkäfer haben jetzt leichtes Spiel.
Dass Fichtenforste zu den ökologisch besonders instabilen Ökosysstemen gehören, ist schon seit vielen Jahrzehnten bekannt. Schon vor 100 Jahren hat ein Förster zum Verlust seines Fichtenwaldes den folgenden Spruch in Stein gemeißelt: "Willst Du den Wald bestimmt vernichten, pflanze nichts als reine Fichten".
Erneute Aufforstungen mit Fichten widersprechen auch allen Fachkonzepten für klimastabile Zukunftswälder. Der Landesbetrieb Wald und Holz sieht in dem Fichtensterben sogar eine Chance für den schnelleren Umbau unserer Wälder zu klimastabilen Mischbeständen. In dem dazu vorgelegten Waldbaukonzept spielt die Fichte in NRW keine Rolle mehr.
Leider gibt es aber offenbar auch nach den massiven Fichtensterben der letzten drei Jahre immer noch Waldbesitzende, die aus den Fehlern der Vergangenheit nichts gelernt haben. Waldbesitzerverbände beklagen sich landauf landab über die massiven Schäden und Verluste besonders der Fichtenforste. Waldbesitzer fordern deshalb staatliche Unterstützung. Bund und Land fördern flächige Wiederaufforstungen mit Milllionen Steuergeldern. Diese Förderung wird aber leider nicht von ökologische Kriterien abhängig gemacht. Deshalb fragt der BUND: Wurden den Waldbesitzern in diesen Fällen für die Aufforstungen neuer Fichtenplantagen Fördermittel bewilligt?
Zukunftswälder entwickeln!
Die Funktion des Waldes als CO²-Speicher, Wasserspeicher und Erholungswald erhalten wir am besten durch die Entwicklung von ökologisch stabilen Wald-Ökosysteme. Die derzeitige Forstpraxis steht dem aber entgegen. Angepflanzter Baumplantagen standortfremder Arten und viel zu intensive, naturferne Bewirtschaftung führen nicht zu stabilen Wald-Ökosysteme. Dass die Forstwirtschaft zudem auf das Fichtensterben mit flächigen Kahlhieben reagiert, ist kontraproduktiv für eine naturnahe Waldentwicklung, die Biodiversität und den Klimaschutz.
Eine Hilfe dabei können dabei die abgestorbenen Fichten sein, die nicht mehr flächig geräumt werden sollten. Der flächige Kahlschlag und die Räumung mit schweren Forstmaschinen hat eine Verwüstung der Waldflächen, Bodenverdichtungen, Schäden an der Naturverjüngung und damit eine Verschlechterung der Chancen der Wiederbewaldung zur Folge. Dem gegenüber hat das Belassen von „Schadholz“ im Bestand viele Vorteile. Der verbliebende Schirm toter Bäume schützt die Naturverjüngung und vermindert eine Austrocknung der Böden, wozu auch am Boden liegendes Totholz beiträgt. Wiederbewaldung, auch mit ergänzenden Pflanzungen, wird so erleichtert.
Ökologisch stabile Zukunftswälder lassen sich dabei nicht aus dem Forstbaukasten bzw. dem „Waldbauprogramm“ bauen. Flächige Aufforstungsprogramme sind nicht zielführend. Leitbild für eine ökologische Waldentwicklung sind Wald-Ökosysteme, die sich vor allem aus der Naturverjüngung bzw. natürlicher Sukzession entwickeln. Wo die Baumartenvielfalt zu wünschen übrig lässt, kann ergänzend in Trupps mit standortheimischen Baumarten gepflanzt werden. Eine solche ökologische Waldwende ist das Gebot der Stunde und der Vernunft – aus Gründen des Klimaschutzes und zum Schutze der biologischen Vielfalt, aber auch um die künftige Holzversorgung zu sichern.
Weitere Infos
Broschüre Forst, Wald und Borkenkäfer
BUND-Magazin „Wald der Zukunft“
Empfehlungen des Landes NRW für klimastabile Zukunftswälder
"Standortgerechte und mehrschichtige Mischbestände erhöhen die Stabilität und Anpassungsfähigkeit der Wälder im Klimawandel."
"Um klimastabile Mischwälder entstehen zu lassen, hat die Landesregierung im Jahr 2020 ein mit den Forstverbänden abgestimmtes Konzept erarbeitet, das vorsieht, dass künftig auf den Schadflächen möglichst Mischwälder aus mindestens vier Baumarten wachsen. Heimische Baumarten sollen dabei den Kern bilden."
"Wir müssen feststellen, dass der Klimawandel schneller ist, als stabile Mischwälder entstehen. Und daher müssen wir gegensteuern. Nadelholz-Monokulturen haben keine Zukunft. Natur ist bunt und vielfältig. So müssen auch unsere Wälder sein" (NRW-Umweltministerin Heinen-Esser).
Bericht der Neue Westfälischen vom 14.4.2021
- Stellungnahme des zuständigen Revierförsters
Bericht der Neue Westfälischen vom 9.4.2021
Bericht im Westfalenblatt vom 9.4.2021