Kreisgruppe Bielefeld

Schwarzer Tag für Klimaschutz und Verkehrswende

17. September 2023 | BUND, Klimawandel, Mobilität, Verkehr

Ratsbeschluss zum Verkauf von zwei Grundstücken für den Bau der L712n - Scharfe Kritik des Bündnisses „Verkehrswende OWL“

Mahnwache am 13. September aus Protest gegen den Bau der L712n mit ca. 150 Teilnehmenden. Foto: Parenst4future

Bielefeld, 17.9.2023 | Das Bündnis „Verkehrswende OWL“, das von 44 Organisationen und Vereinen unterstützt wird, übt scharfe Kritik an dem Ratsbeschluss, durch den Verkauf von zwei Grundstücken an den Landesbetrieb Straßen.NRW den Weg für den Bau der L712n freizumachen.„Das war ein schwarzer Tag für den Klimaschutz und die Verkehrswende“, sagt Anette Schulte, die für „Parents for Future“ im Bündnis mitarbeitet: „Jede und jeder, der offen und ehrlich auf die Fakten schaut, weiß, dass die L712n den Verkehr massiv erhöhen und damit zu deutlich mehr CO2-Ausstoß führen wird. Trotzdem soll die Straße gebaut werden. Wie sollen dann die CO2-Einsparziele im Verkehrsbereich erreicht werden? Die Verantwortlichen in Stadt und Land drücken sich vor einer Antwort.“

Die SPD-Fraktion habe ihre Zustimmung mit dem Argument begründet, das Projekt sei wegen der rechtskräftigen Planfeststellung so weit fortgeschritten, dass es nicht mehr gestoppt werden könne. Das hält Anette Schulte für wenig überzeugend: „Wir bedauern es sehr, dass die schwarz-grüne Landesregierung mit dem grünen Verkehrsminister nicht von sich aus die L712n auf den Prüfstand gestellt hat. Aber die Stadt hätte den Mut aufbringen müssen, sich klar gegen die L712n auszusprechen. Ob die Landesregierung dann die Straße gegen den erklärten Willen der Stadt durchgedrückt hätte, bleibt so leider hypothetisch. Verkehrswende braucht Mut. Den hat insbesondere die SPD-Fraktion vermissen lassen.“

Das Bündnis tritt der Auffassung entgegen, mit dem Ratsbeschluss seien nun klare Verhältnisse geschaffen und ein schwieriger Konfliktpunkt abgeräumt. Dr. Godehard Franzen, Sprecher des Bündnisses: „Wenn sich die Klimakrise weiter zuspitzt, werden viele die fatale Ratsentscheidung bald bitter bereuen. Jetzt hätte die L712n noch mit moderaten Kosten gestoppt werden können. In zwei oder drei Jahren sieht das völlig anders aus. Außerdem ist mit dem Ratsbeschluss im Hinblick auf die Herforder Straße und den geplanten Radschnellweg überhaupt nichts geklärt. Im Gegenteil, die extrem einschränkenden Randbedingungen durch das überdimensionierte Kreuzungsbauwerk an der Herforder Straße werden unumstößlich festgeschrieben. Das wird den Planern und Entscheidungsträgern noch auf die Füße fallen.“

„Verkehrswende OWL“ hat großes Verständnis für die Menschen in Milse und Altenhagen, die sich von der L712n eine Beruhigung ihrer Quartiere versprechen. „Das gilt gleichermaßen für zigtausend Menschen in unserer Stadt an stark verkehrsbelasteten Straßen.“, betont Roland Tillmann, Kinderarzt und Sprecher des Bündnisses: „Seit einem halben Jahrhundert wird die Strategie verfolgt, dieses Problem durch den Bau neuer Straßen zu lösen. Diese Strategie ist gründlich gescheitert. Verkehrsberuhigung in Quartieren trifft oft nur teilweise und temporär ein. Insgesamt wächst aber die Belastung durch Lärm und Abgase. Und vor allem steigen die Verkehrsmengen mit zusätzlichem CO2-Ausstoß. Wir brauchen einen Strategiewechsel. Wir müssen andere Mittel einsetzen, um die Lebensqualität in unserer Stadt zu verbessern, z. B. eine allgemeine Absenkung des Geschwindigkeitsniveaus, Verbesserung der Verkehrssicherheit, mehr aktive Mobilität, Ausbau des regionalen Schienenverkehrs, verbesserte Angebote für Pendler und gezielte Anreize, das Auto stehen zu lassen. Das geht nicht von heute auf morgen, aber vieles vermutlich schneller und viel billiger als der Zubau neuer Straßen.“

Die Sprecher von „Verkehrswende OWL“ warnen vor einer Signalwirkung dieser Ratsentscheidung. Roland Tillmann: „Das Fatale an der Ratsentscheidung ist, dass sich hier die Politik des ‚weiter so‘ durchgesetzt hat. Wenn Klimaschutz und Verkehrswende ernst genommen werden sollen, muss mit dem ‚weiter so‘ Schluss sein. Sonst verlieren wir den Wettlauf mit den immer dramatischer werdenden Klimaveränderungen.“

Zur Übersicht