Kreisgruppe Bielefeld

Autobahnzubringer B 61 n in Ummeln stoppen

12. November 2022 | BUND, Klimawandel, Mobilität, Verkehr, Bundestagswahl

Rat der Stadt Gütersloh fordert Stopp der als Ortsumgehung Ummeln geplanten neuen autobahnähnlichen Schnellstraße

Dem Ausbau der B 61 auf vier Spuren würde die schützenswerte Lindenallee geopfert. Foto: BUND

Bielefeld, 12.11.2022 | Es handelt sich um ein Projekt aus einer Zeit, als noch die autogerechte Stadt im Mittelpunkt aller Verkehrsplanungen statt. Das Ziel: Parallel zur vorhandenen A 2 auf einer neuen Autobahn direkt von Gütersloh nach Bielefeld fahren. Der Abschnitt in Ummeln bildet als Verlängerung des OWD von dieser Trasse ein Teilstück. Zum Glück für Umwelt und Klima ist der Planfeststellungbeschluss 2020 vom Bundesverwaltungsgericht aufgrund von Klagen zunächst gekippt worden. Die Planer von „Straßen NRW“ arbeiten seitdem an einer neuen Version.

Jetzt unterstreicht ein Ratsbeschluss aus Gütersloh die Fragwürdigkeit dieser neuen Stadtautobahn. In seiner Sitzung am 11.11.2022 verabschiedete der Rat eine Resolution gegen den Bau der „Ortsumgehung Ummeln“ (B 61 neu). Diese Resolution richtet sich an Bielefelds Oberbürgermeister Pit Clausen. Wörtlich heißt es: „Der Rat der Stadt Gütersloh fordert die Verwaltung der Stadt Bielefeld sowie den Rat der Stadt Bielefeld auf, die ablehnende Haltung sowie die Argumente des Rates der Stadt Gütersloh hinsichtlich des Baus des B 61n zur Kenntnis zu nehmen, zu berücksichtigen und den Bau der B 61n zu stoppen.“

Die B 61n hat besonders viele Nachteile für unsere Nachbarstadt

In der Erklärung des Gütersloher Rates wird auf zahlreiche Nachteile besonders für die Verkehrsbelastungen in Gütersloh hingewiesen. Neue Straßen führen zu mehr Verkehr, dass erkennt auch das Bundesverkehrsministerium an. So wird für die B 61 nach Bau der „Ortsumgehung Ummeln“ mit einer Zunahme der Fahrzeugbewegungen von jetzt 16.000 auf ca. 24.000 Kfz täglich gerechnet. (Quelle: Bundesverkehrswegeplan). Damit würde die jetzige zweispurige B 61 völlig überlastet. Laut Bundesverkehrswegeplan ist deshalb auch der weitere vierspurige Ausbau „notwendig“. Diesem Ausbau müsste die schützenswerte Lindenallee geopfert werden. Zudem sind erhebliche Staus an den dann weiter vorhandenen Ampelkreuzungen in Avenwedde und Isselhorst zu erwarten. Für den Ausbau müsste insgesamt massiv in eine Kulturlandschaft und Siedlungsbereiche dieser Ortsteile eingegriffen werden. Der zu erwartende Mehrverkehr würde auch den Innenstadtbereich der Stadt Gütersloh stark belasten. Ein Mehr an Lärm- und Schadstoffbelastung wäre zu erwarten. Aus diesen Gründen lehnen sowohl die Stadt Gütersloh als auch die Stadt Bielefeld auf Grundlage von Ratsbeschlüssen den weiteren Ausbau der B 61 ab und fordern die Streichung des Projektes aus dem Bundesverkehrswegeplan. Leider unterstützt aber die Stadt Bielefeld bisher noch den Bau der „Ortsumgehung Ummeln“, weil sie sich davon eine Entlastung des Ummelner Ortskerns verspricht.

Die Resolution des Gütersloher Rates stellt hingegen auch die Vorteile für die Ummelner Bürger*innen in Frage und hält fest, dass die Pläne sowie der Beschluss zum Bau der B 61n der Verkehrswende widersprechen und klimapolitisch nicht mehr zu vertreten sind. Die Stadt Bielefeld hat den Klimanotstand erklärt und ein Konzept für eine Mobilitätswende mit ehrgeizigen Zielen beschlossen. Danach soll und muss der PKW-Verkehr massiv reduziert werden, durch Ausbau des ÖPNV und eines leistungsstarken Radverkehrsnetzes. Doch wie kann das gelingen, wenn weiterhin durch neue, schnelle Straßen mehr Individualverkehr in die Stadt gelockt wird? Wenn es für Pendler weiterhin ausgesprochen attraktiv ist, anstelle von Bahn und Bus das Auto zu benutzen?

Die B 61n bzw. „Ortsumgehung Ummeln“ steht exemplarisch für ein großes Problem: Straßenplanungen sind oftmals viele Jahrzehnte alt. An dieser Straße wird schon seit über 50 Jahren geplant. Solche Planungen, einmal in einem Bundesverkehrswegeplan fixiert, werden dann fortlaufend in die nächste Version übertragen. Ohne sie mit aktuellen Entwicklungen in Einklang zu bringen. Ohne zu Grunde liegende Gutachten zu aktualisieren. Ohne neue Gesetze zu berücksichtigen. Klimaschutz war z.B. 1980 in Deutschland noch kein Thema, von Mobilitätswende wurde nicht gesprochen. Seit langem fordern deshalb Umweltverbände wie der BUND eine Überprüfung aller Planungen in Hinblick auf Klimaverträglichkeit.  

Die B 61n ist als Umgebung für Ummeln nicht zwingend notwendig  

Nach Verkehrszählungen von 2011 war die B 61 in Ummeln mit ca. 21.000 Kfz täglich belastet (Quelle: Bundesverkehrswegeplan). Nach Fertigstellung der A 33 sank diese Zahl bis 2017 auf ca. 16.000 Kfz täglich. Daran wird deutlich: Die B 61 hat hier jetzt vor allem die Funktion einer innerstädtischen Hauptverkehrsstraße. Der Fernverkehr nutzt inzwischen überwiegend ab dem OWD die A 33 und die A 2, um Ziele in Gütersloh zu erreichen. Vergleichbar gibt es in der Stadt Bielefeld viele Hauptverkehrsstraßen mit ähnlichen Belastungen. So führt z.B. die Carl Severing Straße in Quelle - mit aktuell 13.000 Kfz täglich und zunehmendem Verkehr - unmittelbar durch das Ortszentrum mit Nahversorgungszentrum, Schule und Kindergärten. Ähnlich ist die Situation in Jöllenbeck, Schildesche, Stieghorst und anderen Stadtbezirken mit vergleichbarer Verkehrsbelastung. In diesen Stadtbezirken wird nirgendwo eine Umgehungsstraße geplant.

Die Forderung, den Durchgangsverkehr in der Ortsdurchfahrt Ummeln zu reduzieren, ist legitim. Aber zu einer erheblichen Reduzierung ist es schon gekommen. Seit 2001 hat sich der Verkehr in diesem Bereich von 22.000 Kfz/24 h auf unter 16.000 Kfz/24h verringert (Quelle: Straßen.nrw Verkehrsanlyse ). Wir haben also durch den Lückenschluss der A 33 über 6.000 Kfz/24H weniger in der Ortsdurchfahrt, also 27%. Es ist davon auszugehen, dass mit einer Umgehung die Verkehrsbelastung auf der Gütersloher Straße in Ummeln weiter sinken würde, aber es bliebe eine stark belastete Hauptverkehrsstraße mit allen damit verbundenen Problemen. Laut Planfeststellung soll aber noch eine Belastung von bis 10.000 Kfz/24 h bleiben. Die Lärmbelastung würde also eher nur geringfügig reduziert. Ob dort 10.000 oder 16.000 Fahrzeige täglich fahren macht keinen großen Unterschied. Die Versprechungen der Planer, durch die Umgehung würden die Menschen in Ummeln profitieren, man könnte z.B. an der Gütersloher Straße ein attraktives verkehrsberuhigtes Ortszentrum entwickeln, sind eher heiße Luft. Hinzu kommt: Im Osten von Ummeln entstände durch die neue Schnellstraße mit den dort gefahrenen höheren Geschwindigkeiten (geplant ist bis 100 h/km) ein neues, wesentlich stärkeres Lärmband. Ein Lärmband, das alle östlichen Wohngebiete von Ummeln, die in den letzten 20 Jahren erheblich gewachsen sind, bis ins Zentrum hinein verlärmen wird. Auch Lärmschutzwände werden das nicht verhindern, Anwohner an der A 33 können das bestätigen. Wenn wir klimaverantwortliche Verkehrspolitik wollen, müssen wir auf bereits vorhandenen Straßen den Verkehr intelligent leiten und keine neuen Straßen bauen, die zusätzlichen Verkehr anziehen.

Die B 61n greift massiv in Umwelt und Natur ein

Fast vergessen wird bei dieser Debatte aktuell die fehlende Umweltverträglichkeit dieser Planung. Besonders gravierend ist die geplante Zerstörung naturnaher Fließgewässer und der Eingriff in ein bedeutendes Wasserschutzgebiet. Davon betroffen ist damit auch die Trinkwassergewinnung der Stadt Bielefeld und des privaten Wasserverbandes Kralheide, der über 40 Haushalte mit Trinkwasser versorgt. Das Wassereinzuggebiet liegt direkt unter Teilen der geplanten B 61n. Auch aus diesem Grund ist der Eingriff nicht klimaverträglich, das haben die letzten Dürrejahre seit 2018 mit örtlichem Wassermangel und ausgetrockneten Bachläufen gezeigt. Die Planung verstößt damit gegen die Wasserrahmenrichtlinie der EU, die ein Verschlechterungsverbot für Oberflächengewässer und den Grundwasserkörper gesetzlich vorschreibt. Genau an diesem Punkt ist deshalb auch der erste Planfeststellungsbeschluss gescheitert: Das Bundesverwaltungsgericht kippte 2020 den Beschluss mit Verweis auf genau diesen Punkt.

Fazit: Diese Planung ist Ergebnis einer völlig verfehlten Verkehrspolitik. Die Schnellstraße ist nicht mehr zeitgemäß, ist nicht klimaverträglich. Sie löst keine Verkehrsprobleme, verursacht vielmehr an anderer Stelle neue Verkehrsprobleme. Sie löst auch nicht das Lärmproblem an der Gütersloher Straße. Dazu bedarf es anderer Maßnahmen, z.B. Verlagerung des Schwerverkehrs auf A 33 und A2 oder Geschwindigkeitsbegrenzungen. Und besonders: Konsequente Verkehrswende mit Ausbau von ÖPNV und Radverkehr.

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