In diesen Tagen werden durch den Forstbetrieb am Johannisberg erneut viele alte Rotbuchen und Bergahorne gefällt. In der NW hat Forstbetriebsleiter Herbert Linnemann Gründe für die Fällungen genannt. Die Bäume seien erkrankt, drohten umzustürzen und würden so Menschen gefährden. Waldexperten des BUND haben nach einem Ortstermin aber den Eindruck, dass die Fällungen in diesem Umfang nicht alle zwingend sind. Krankheitssymptome wie trockene Kronenspitzen sind bei einigen markierten bzw. schon gefällten Bäume feststellbar. Aber nicht alle stehen bzw. standen so dicht am Waldrand und an Wegrändern, dass Menschen unmittelbar gefährdet sind.
Dazu passen aktuell Gedanken über den „enkel*innen-fähigen Bielefelder Stadtwald“, die der ehemalige Leiter des Lübecker Stadtwaldes Lutz Fähser am März in der Zeitschrift „big“ der Grünen veröffentlicht hat. Aus Sicht von Fähser haben die noch überwiegend naturnah strukturierten Wälder in Bielefeld im Vergleich zu den vom Baumsterben aktuell besonders betroffenen Nadelforsten die besseren Chancen, den Klimawandel zu überleben. Dazu müssen aus seiner Sicht aber auch die bisherigen Eingriffe zur „Pflege“ in den Waldbereichen mit überwiegend heimischen Baumarten stark reduziert werden. Die „Ernte“ solle sich auf die naturfernen Nadelwald-Bereiche konzentrieren, um diese für heimischen Baumarten zu öffnen.
„Das Überleben der Wälder wird wesentlich davon abhängen, dass sie wieder dunkler und im Inneren feuchter werden wie ein „Urwald“ mit einigem Totholz als Humusmaterial, Wasserschwamm und Windbremse." In diesem Zusammenhang fordert er besonders dazu auf, die „Verkehrssicherung“ an Waldwegen, die international so Fähser als „deutsche Krankheit“ bezeichnet werden würde, auf ein Minimum zu beschränken, um den Wald dicht zu halten.
Am Johannisberg kann man jetzt sehen, wie ein einstmals dichter Buchenwald immer stärker aufgelichtet wird. Nach Duchforstung freigestellte alte Buchen werden mit ihren Stämmen der vollen Sonne ausgesetzt. Thermische Rindenschäden mit abgeplatzter Rinde sind die Folge, die Bäume sterben ab.
Fähser bewertet den Bielefelder Stadtwald als „einen der schönsten und größten Stadtwälder Deutschlands“. Damit der Wald das auch in der Zukunft bleibt, schlägt Fähser – gestützt auf die Erfahrungen mit anderen vergleichbar großen Stadtwäldern in München, Düsseldorf, Hannover oder Lübeck - vor, den stadteigenen Wald nach einem qualitativ hohen Standard zu zertifizieren. So wie es übrigens die Bielefelder Umweltverbände in ihrem „Naturwaldkonzept“ schon seit 2012 fordern.
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes müsse öffentlicher Wald so Fähser primär der Daseinsvorsorge und dem Naturschutz dienen. Im Sinne der Agenda 21 des Umweltgipfels von Rio müsse der Betrieb des Stadtwaldes partizipativ mit den betroffenen Bielefelder*rinnen erfolgen. Dazu könne z.B. ein Waldbeirat aus mit dem Wald verbundenen Gruppen und Einzelpersonen gebildet werden.
In Bielefeld gibt es schon den „Runden Tisch Wald“, der einen solchen Dialog führen könnte. Leider sind Vertreterinnen und Vertreter der Umweltverbände hier noch nicht als Mitglieder dabei. Aus Sicht des BUND sollte das geändert werden. Konstruktiver Dialog und Zusammenarbeit sind hier durchaus möglich, dass zeigt sich immer dann, wenn Verbandsvertreter punktuell zu Maßnahmen befragt werden. Warum also nicht dauerhaft in einem regelmäßig tagenden Gremium der Stadt?
Weitere Informationen:
Lutz Fähser: der Enkel*innen-fähige Bielefelfelde Stadtwald
Quelle: big Frühjahr 2020, BÜNDNIS 90/Die Grünen Bielefeld
Naturwaldkonzept der Bielefelder Umweltverbände