Das von der Stadt Bielefeld geplante Regenwasserrückhaltebeckens am Baderbach in Stieghorst wird von den Bielefelder Naturschutzverbände abgelehnt. Aus Sicht der fünf Verbände würden durch die Baumaßnahme ökologisch wertvolle, schützenswerte Biotope zerstört. Das Ziel der Rückhaltung von Regenwasser müsse stattdessen durch dezentrale Rückhaltemaßnahmen in den umliegenden Entstehungsgebieten erreicht werden, so die Verbände in einer 15-seitigen Fachstellungnahme.
Die Baderbach-Aue ist in dem betroffenen Bereich laut Biotopkataster NRW ein „Schützenswerter Biotop“. Der Bachlauf zeigt hier einen fast natürlichen Zustand. Der Auwald wird geprägt durch bachbegleitende, teilweise sehr alte Weiden, Schwarzerlen und einzelnen Eichen sowie einen hohen Totholzanteil. In Wurzeltellern umgebrochene Weiden wurden aktive Eisvogelhöhlen festgestellt. Pflanzenarten wie Gelbes Windröschen, Goldhahnenfuß und Sumpfdotterblume stehen auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten (Vorwarnliste). Das Zielkonzept Naturschutz der Stadt Bielefeld weist den Baderbach mit seiner Aue hier als naturschutzfachlich besonders wertvoll aus. Der Bereich wird als Naturschutzvorranggebiet bewertet.
Die EU-Wasserrahmenrichtlinie fordert die Herstellung eines guten ökologischen Zustandes aller Oberflächengewässer bis 2027. Dabei handelt es sich um eine gesetzliche Verpflichtung. Bachläufe müssen - wo noch nicht geschehen - mit ihrer Aue naturnah entwickelt werden. Mit dem geplanten künstlichen Regenrückhaltbecken würde der ökologische Zustand des Baderbaches aber eindeutig verschlechtert. Der Plan sieht vor, hier den Auenwald zu roden. Der vorhandene naturnahe Bach würde mit dem Auenboden abgegraben, also zerstört. Ein solcher Eingriff in ein ökologisch intaktes Gewässer wäre aus Sicht der Naturschutzverbände im Sinne der Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie rechtswidrig.
Moderner Hochwasserschutz setzt schon lange nicht mehr auf technische Rückhaltebecken. Nachhaltiger Hochwasserschutz verschafft den Gewässern überall wo möglich mehr Raum, damit Wasser in der Fläche zurück gehalten wird. Mit dem künstlichen Becken Wasser aufzustauen ist eine Hochwasser- und Gewässerpolitik von vorgestern. Statt eines solchen Eingriffs müssen Wasserrückhaltepotenziale im Einzugsgebiet verbessert werden, z.B. durch Entsiegelungsmaßnahmen und Regenwasserversickerung vor Ort. Dies ist besonders im benachbarten Industrie- und Gewerbegebiet dringlich. Für dennoch nötige Rückhaltebecken dürften keine naturnahen Gewässer zerstört werden, so die Naturschutzverbände.
Die Planung eines Regenwasser-Rückhaltebeckens in Bachtälern ist in Bielefeld aktuell kein Einzelfall. Derzeit wird gerade ein solches Becken im Tal der Ems-Lutter in Brackwede gebaut. Die Natur- und Umweltschutzverbände verfolgen mit Sorge, dass seit Jahren die nach der Wasserrahmenrichtlinie notwendigen Arbeiten an den Fließgewässern nicht vorankommen. Das gesetzlich vorgegebene Ziel, bis 2027 alle Gewässer in einen guten ökologischen Zustand zu bringen, wird verfehlt, wenn nicht alle Anstrengungen im Gewässerschutz darauf konzentriert werden. Doch aktuell werden offenbar die verfügbaren Ressourcen vor allem in den Bau von Regenrückhaltebecken investiert.
Wir fordern deshalb die zuständigen Stellen der Stadt auf, die Öffentlichkeit umfassend über den Stand und die weiteren Schritte der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu informieren und dazu auch den Dialog mit den Natur- und Umweltschutzverbänden zu suchen. Außerdem fordern wir eine Überprüfung aller noch geplanten Gewässerrückhaltebecken in Bezug auf die Natur- und Artenschutzbelange und das Erreichen der Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie.
Stellungnahme der Naturschutzverbände zum Regenrückhaltebecken Baderbach
Stadt Bielefeld - Planung Regenrückhaltebecken Baderbach
Stadt Bielefeld - Beschlussentwurf Planung Regenrückhaltebecken Baderbach
Bericht im Westfalenblatt 27.5.2021-Teil 1
Bericht im Westfalenblatt 27.5.2021-Teil 2
Bildstrecke: Baderbach - Bereich eines geplanten Regenrückhaltebecken in Stieghorst