Kreisgruppe Bielefeld

Mahnwache gegen Baumfällungen - Baumfällungen nicht mit Baurecht zu legitimieren

18. Januar 2022 | Bäume, BUND, Klimawandel, Lebensräume

Aktion der Anwohner für Baumschutz und Klimaschutz – Parteien in der Bezirksvertretung Schildesche fragen nach – Umweltamt nimmt Stellung zur BUND-Pressemitteilung - Begründung nicht stichhaltig

Baumreihe an der Straße "Im Bracksiek" auf stadteigenem Gelände vor und nach dem Eingriff. Mehrere Eichen, eine Buche und eine Linde wurden gefällt. Foto: BUND

Bielefeld, 18.01.2022 | Auf Initiative von Anwohnern versammelten sich am Montag-Abend ca. 20 Menschen in der Straße „Im Bracksiek“ zu einer Mahnwache, um damit ihre Betroffenheit über die massiven Baumfällungen dort zum Ausdruck zu bringen. Der BUND hat die Aktion unterstützt. Laut Bericht der NW begründete Petra Isringhausen die Aktion: „Wir möchten nicht einfach schweigend hinnehmen, was hier – wie an vielen anderen Orten in der Stadt geschieht.

Anfrage in der Bezirksvertretung Schildesche

Die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, SPD und Die Linke in der Bezirksvertretung Schildesche richten dazu für die Sitzung am 27.01.2022 folgende Anfrage an die Verwaltung:
„Wie konnte es zu der Fällung der Bäume auf dem Grundstück Im Bracksiek 6 und auf dem angrenzenden städtischen Grundstück (u.a. Eichen und eine geschützte Linde) kommen? Weshalb hat das Umweltamt der Fällung zugestimmt, obwohl die Bezirksvertretung Schildesche bereits im September 2021 den Wunsch geäußert hat, dass bei den anstehenden Genehmigungsverfahren möglichst viele Bäume erhalten bleiben sollten und der BUND entsprechende Empfehlungen gegenüber dem Umweltamt ausgesprochen und begründet hat? Zusatzfragen: Wie kann in Zukunft verhindert werden, dass Baumfällungen ohne vorhergehende Beratung ausgeführt werden?“

Wir warten gespannt auf die Antwoet. Zumal jetzt noch bekannt geworden ist, dass für das Grundstück erst eine Bauvoranfrage und noch gar kein Bauantrag geschweige denn eine Baugenehmigung vorliegt. Also gibt es für den Bau des geplanten Wohngebäudes noch keine Rechtsgrundlage. 

Stellungnahme des Umweltamtes im Westfalenblatt

Zwischenzeitlich hat das Umweltamt auf die Kritik des BUND reagiert. Im Westfalenblatt wurde eine Stellungnahme veröffentlicht. Die Baumfällungen seien baurechtlich unvermeidlich gewesen, so das Umweltamt. Der BUND hat mit einer Mail reagiert und folgendes richtig gestellt.

Umweltamt:Entgegen der Darstellung des BUND wurden auf dem Grundstück alle durch den Bebauungsplan geschützten Bäume erhalten“, schreibt das Umweltamt. In unserer Pressemitteilung hatte es aber geheißen: „ … wurden in den letzten Tagen auf dem Baugrundstück bis auf eine geschützte Eichengruppe in einer Grundstücksecke alle Bäume gefällt“. Der BUND hat also sehr wohl darauf hingewiesen, dass die beiden auf dem Privatgrundstück laut B-Plan geschützten Eichen erhalten geblieben sind. Der BUND hat dabei auch erwähnt, dass die eine auf städtischem Grundstück an der Straße gefällte geschützte Linde offenbar krank war, und eine weitere dort stehenden geschützte Linde erhalten blieb.

Die Fällung der kompletten, stadteigenen Baumreihe zwischen den geschützten Eichen und den beiden Linden begründet das Umweltamt laut Westfalenblatt wie folgt: „Um die Fällung der übrigen Bäume zu untersagen, habe es keine rechtliche Grundlage gegeben“. Wir weisen dazu darauf hin: Die gesunden Bäume waren alle im städtischen Eigentum, waren Straßenbäume an der Straße „Im Bracksiek“. Eine Fällung musste also nicht „untersagt“ werden, denn über den Erhalt stadteigene Bäume entscheidet die Stadt. Diese Option wurde aber leider nicht genutzt.

Warum stattdessen gefällt wurde, dazu gibt das Westfalenblatt die Stellungnahme des Umweltamtes wie folgt wieder: „Angesichts des bestehenden Baurechtes und der Errichtung eines Wohngebäudes mit Tiefgarage und der erforderlichen Zufahrt werde keine rechtliche Grundlage gesehen, die Fällung der Bäume, die entlang der Straße standen, zu versagen“.

Begründet wird die Fällung also mit geltendem Baurecht. Dass geltendes Baurecht dazu gezwungen hat, bestreitet der BUND. Schon in unserer Stellungnahme 2021 haben wir darauf hingewiesen gemacht, dass für eine Zufahrt zu einem neuen Wohngebäude nicht alle Bäume an dieser Straße gefällt werden müssen. Eine rechtliche Verpflichtung, einem Grundeigentümer eine über 20 m breite Zufahrt zu gewähren, wie sie hier jetzt durch Fällung der Baumreihe geschaffen wurde, gibt nicht. Im Gegenteil: Das geltende Recht schränkt die zugelassene Breite erheblich ein. Nach § 5 Landesbauordnung ist für Grundstückzufahrten zu Wohngebäuden „eine mindestens 3 m breite Zu- oder Durchfahrt“ zuzulassen. Nach geltender Rechtsprechung gilt bei geradlinigen Zufahrten eine lichte Breite von 3 m im Regelfall als ausreichend. Die Stadt Kiel hat z.B. ausdrücklich die Breite von Grundstückszufahrten zu Wohngebäuden auf diese 3 m begrenzt. (siehe:https://www.kiel.de/de/kiel_zukunft/wohnen/grundstueckszufahrten.php). In diesem Fall hätten für die nötige Zufahrt also eindeutig nicht alle Bäume gefällt werden müssen. Wir halten deshalb daran fest, dass hier die Möglichkeiten des Baumschutzes nicht ausgeschöpft wurden.

Das Umweltamt prüfe Bauvorhaben in Hinblick auf den Erhalt von Baumbestand sehr intensiv, heißt es weiter. Wir fragen: Wie konnte es dann dazu kommen, das der Eigentümer auf dem Baugrundstück alle Bäume bis auf die beiden geschützten Eichen gefällt hat? Dabei wurden auch außerhalb des geplanten Baubereiches nahe den Grundstücksgrenzen alle Bäume gefällt, darunter einige junge, vitale Laubbäume mit Zukunft.

Das Umweltamt kündigt an, den Bauherrn bei der Pflanzung von Bäumen beraten zu wollen, und der Bauherr habe dazu seine Bereitschaft erklärt, heißt es. Wir fragen: Wenn er dazu bereit ist, warum bemüht er sich nicht zunächst, vorhandene gesunde Bäume zu erhalten? Hat es dazu von Seiten des Umweltamtes ihrer Seite im Rahmen einer Begehung eine Beratung und den Versuch einer Einflussnahme gegeben?

Der BUND wird sich als Naturschutzverband weiter konsequent für Baumschutz in der Stadt einsetzen. Dass sich immer mehr Menschen in der Stadt für Bäume einsetzen, freut uns.

Pressebericht des Westfalenblattes zur Stellungnahmme des Umweltamtes 

Pressebericht der NW 19.01.2022 zur Mahnwache 

 

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