Kreisgruppe Bielefeld
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ICE-Neubaustrecke kein Beitrag zu Mobilitätswende und Klimaschutz

16. Dezember 2024 | BUND, Klimawandel, Mobilität, Verkehr

Unlösbare Konflikte mit dem Natur- und Artenschutz. BUND-Stellungnahme zur ICE-Neubaustreckenplanung Bielefeld – Hannover.

Mögliche neue Bahntrasse im Johannisbachtal mit neuer Talbrücke. Quelle: Deutsche Bahn

Die Deutsche Bahn hat Mitte August 2024 zwölf Trassenvorschläge für eine Hochgeschwindigkeitsstrecke online veröffentlicht, mit denen sie ihre Projektziele gemäß Deutschlandtakt verwirklichen möchte. Dabei wird eine Verkürzung der Fahrtzeit zwischen Bielefeld und Hannover auf 31 Minuten vorgegeben. Alle zwölf Varianten zeichnen sich dadurch aus, sich in großen Teilen von der bestehenden Strecke zu lösen und als neue Trasse zwischen den beiden Großstädten durch freie Landschaft zu verlaufen.

Die Kreisgruppe Bielefeld des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) unterstützt im Sinne der Klimaziele und der Mobilitätswende den Ausbau des ÖPNV und der Bahn. Als Umweltverband engagieren wir uns für Klimaschutz, zugleich aber auch für den Schutz der Biologischen Vielfalt. Eine ICE-Neubaustrecke wäre - wie aus der Darstellung der möglichen Trassen klar hervorgeht - mit massiven Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden. Betroffen wären auch viele Naturschutzgebiete.  Studien bestätigen zudem, dass diese Neubautrasse keinen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leisten kann. Wie nachfolgend dargelegt, lassen sich Mobilitäts-, Klima- und Biodiversitätsziele zugleich am besten mit einem Ausbau der ICE-Verbindung entlang der Bestandstrasse und einem darauf abgestimmten Ausbau des Nahverkehrsnetzes umsetzen.

1.  Grundsätzliches zum Projekt einer ICE-Neubaustrecke Bielefeld-Hannover

a) Die Idee eines Deutschlandtakts bzw. Integrierten Taktfahrplans, Fern-, Nah- und Güterverkehr auf der Schiene so aufeinander abzustimmen, dass die Schienenkapazitäten bestmöglich genutzt, Reisezeiten verkürzt und Umstiege optimiert werden, wird ausdrücklich unterstützt. Es wird auch anerkannt, dass mit Umsetzung dieser Ziele perspektivisch ein wesentlicher Beitrag zur Verkehrswende in Deutschland geleistet werden kann.

Gerade im Hinblick auf die Kapazität des Netzes ist jedoch zu beachten, dass diese bei vermehrtem Hochgeschwindigkeitsverkehr wegen der hohen Differenzgeschwindigkeiten zwischen Güter- und Nahverkehr sowie Hochgeschwindigkeitsverkehr erheblich sinkt (vgl. dazu: Verkehrsforscher Heiner Monheim im Interview mit Zeit online 19. September 2023)​​​​​​​.

b)  Festzuhalten bleibt auch, dass die heutige verkehrliche Situation, die Klimakrise und der Artenschwund kurzfristig wirkungsvolle Maßnahmen verlangen, um die Qualität und Akzeptanz nachhaltiger Mobilitätsangebote deutlich zu erhöhen. Daher müssen – auch angesichts fehlender finanzieller und planerischer Ressourcen – schnell realisierbare Maßnahmen im Sinne von mehr Zuverlässigkeit höchste Priorität haben.

c) Die Ausrichtung der aktuellen Planung für den Ausbau der ICE-Verbindung Hamm-Hannover auf eine Neubaustrecke zwischen Bielefeld und Hannover ist im Sinne dieser Ziele nicht zielführend, wie mit nachfolgenden Ausführungen dargelegt wird. 

2.  Gesamtbetrachtung des Korridors Bielefeld – Hamm erfordert Neubewertung der 31-Minuten-Zeitvorgabe 

Sämtliche Betrachtungen zu den Trassenvarianten müssen immer im Zusammenhang mit dem Abschnitt Bielefeld – Hamm gesehen werden. Denn: Eigentliches Ziel des aktuell vorliegenden Deutschlandtakt-Fahrplans ist eine Fahrzeit von unter 60 Minuten zwischen den Umsteigebahnhöfen Hamm und Hannover. Die viel diskutierten 31 Minuten Fahrzeit zwischen Bielefeld und Hannover resultieren lediglich aus der übrig gebliebenen Reisezeit nach der Betrachtung, wie lange ein Zug mit 300 km/h für die Strecke Hamm – Bielefeld benötigen würde. Der Korridor Hamm – Bielefeld muss bei dieser Zeitvorgabe also ebenfalls infrastrukturell aufwändig ausgebaut werden. In den Bahnhöfen Gütersloh, Rheda-Wiedenbrück, Oelde und Beckum müssen 300 km/h schnelle Züge auf eigenen neuen Durchgangsgleisen abseits der Bahnsteige geführt werden. An Bahnsteigen sind solche Geschwindigkeiten nicht zulässig. Im Sinne bestmöglicher Sicherheit und Aufenthaltsqualität auf den Bahnsteigen wäre eine Vmax. von unter 120 km/h für Durchfahrten wünschenswert (Lärm, Wirbelschleppen, „Alarmstimmung“). Zwischen den Bahnhöfen ist für diese Hochgeschwindigkeit ein Neubau der vier Bahngleise mit erheblich größerem Abstand zueinander notwendig.

Wir vermissen deshalb bei der aktuellen Vorstellung der Trassenpläne ab Bielefeld, bei denen mit der Fahrzeitvorgabe von 31 Minuten gearbeitet wird, die Einbeziehung des Ausbau-Korridors bis nach Hamm samt Kosten-Nutzen-Rechnungen. Eine solche Betrachtung würde die Zweifel an der Zeitvorgabe 31 Minuten und dem zu Grunde liegenden Zielfahrplan verstärken.

Für Bielefeld kann dieser Ausbau zwischen den künftigen Knotenpunkten Hamm und Hannover zudem eine Verschlechterung der Bahnverbindungen mit sich bringen. Um die Zeitvorgabe unter 60 Minuten einzuhalten, könnten z.B. fahrplanmäßige ICE-Halte in Bielefeld wegfallen.

3.  Vor- und Nachteile der Ausbauvarianten werden nicht ausreichend untersucht

Es fehlt bisher von Seiten der Bahn eine ausführliche, transparente Prüfung, wie ein Zielfahrplan aussehen würde, der das Ziel der < 60 Minuten Reisezeit zwischen Hamm und Hannover aufgibt. Geschieht das, würden zwar nicht alle Umsteigemöglichkeiten in Hamm und in Hannover optimal realisiert, aber es wäre ein sicherlich erheblich kostgünstigerer, schneller zu realisierender und umweltverträglicherer Ausbau, der in großen Teilen entlang der Bestandstrasse möglich wäre.

Ohne eine solche Ausarbeitung inklusive der Darlegung der zu erwartenden Fahrgastströme kann keine abschließende Entscheidung fallen, ob derart große Eingriffe wie bei den zwölf Varianten gesellschaftlich, finanziell, ökologisch und Klimaschutz-konform überhaupt vertretbar sind.

Bei der Betrachtung der Vor- und Nachteile muss dabei besonders auch die Klimaverträglichkeit berücksichtigt werden. Der Neubau von Schienenwegen ist nicht schon ein Beitrag zum Klimaschutz, nur weil auf diesen Schienen Menschen umweltschonend transportiert werden. Bei einer ganzheitlichen Betrachtung, die die Ökobilanz von Verkehrssystemen umfassend untersucht, den CO2-Fußabdruck der Infrastruktur vollständig miterfasst, sind gerade Neubaustrecken mit einem hohen Anteil von Tunnelstrecken und Brückenbauwerken negativ zu bewerten (vgl. die aktuelle Studie GANZHEITLICHE_OKOLOGISCHE_BILANZIERUNG_VON_VERKEHRSSYSTEMEN)

4. Planung muss ehrlich und transparent verlaufen - Finanzierbarkeit und Wirtschaftlichkeit sind fraglich

Der Bund „bündelt“ bislang die Großvorhaben strategisch, um Einzelmaßnahmen nicht einer ehrlichen Kosten-Nutzen-Betrachtung auszusetzen. Somit werden eigentlich volkswirtschaftlich nicht vertretbare Maßnahmen durch die Gesamtbewertung argumentativ mitgetragen.

Die Kostenangaben für die Trasse Bielefeld-Hannover mussten in den letzten Jahren immer wieder nach oben korrigiert werden. Aktuell gibt das Bundesverkehrsministerium dafür den Betrag von 8,4 Mrd. Euro an. Der Verkehrsausschuss des Bundestages fordert deshalb eine Neuberechnung der Kosten-Nutzen-Analyse. Diese Notwendigkeit einer Neuberechnung ergibt sich auch aus den Trassenvorschlägen, die nur mit viel längeren kostenträchtigen Tunnelstrecken umzusetzen sind, als bisher kalkuliert wurde. Wir bezweifeln, dass mit einer ehrlichen Neuberechnung die Wirtschaftlichkeit der Neubautrasse nachzuweisen ist.   

Die aktuelle politische Entwicklung, die Debatte um den Bundeshaushalt und die Schuldenbremse zeigen, dass Großprojekte wie eine Neubautrasse mittel- und langfristig nur noch schwer finanzierbar sind. Verantwortungsvolle Verkehrspolitik und Klimapolitik muss deshalb aktuell besonders das Ziel verfolgen, mit überschaubaren und kurzfristig umsetzbaren Maßnahmen die Bahninfrastruktur zu verbessern (vgl. auch Pkt. 11). Eine Mobilitätswende brauchen wir jetzt und nicht erst im Jahre 2070, wie von den Planern beim Bund angestrebt. (vgl. Ankündigung von Staatssekretär Theurer)  

Ein „echter“ Deutschland-Takt mit maßvollen Infrastruktur- und Geschwindigkeitsstandards könnte, bei Fokussierung auf kleinere, aber stärker netzwirksame Projekte, bis 2040 umgesetzt werden, so der Verkehrsforscher Heiner Monheim. (vgl. Interview mit Zeit online, 19. September 2023).

Zusätzlich attestiert das Genehmigungsbeschleunigungsgesetz (vgl. Gesetz zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/1187 über die Straffung von Maßnahmen zur rascheren Verwirklichung des transeuropäischen Verkehrsnetzes) u. a. der Neubaustrecke Hannover – Berlin ein „überragendes öffentliches Interesse“ – somit gelten vereinfachte Regeln auch beim Artenschutz. Eine intensive planerische Abwägung wird damit umgangen. Was als Beschleunigung der Planung gedacht ist, droht sich bei der Prüfung der Auswirkungen auf Natur und Landschaft sehr negativ auszuwirken. Dies muss u.E. durch vollständige Transparenz und umfangreiche Fachbeiträge ausgeschlossen werden.

5. Bewertung der „Belanggruppe Technik“ lässt Fragen offen

In der öffentlich einsehbaren Vergleichstabelle zu den Trassenvarianten fällt auf, dass bei der „Belanggruppe Technik“ elf von zwölf Varianten dasselbe Ergebnis haben. Offenbar fehlt hier eine unbedingt notwendige differenziertere Betrachtung.

Das spiegelt sich auch darin wieder, dass Zusammenfassungen zu jeder Variante zwar die Anzahl der Talbrücken und der Tunnel wiedergeben, nicht jedoch, wie aufwändig das jeweilige Gewerk zumindest grob geschätzt wäre (so ist z. B. Brücke nicht gleich Brücke). Es liegt die Vermutung nahe, sich Spielraum für eine spätere Variantenentscheidung zu lassen. 

6. Zerstörung von Naherholungsräumen wird zu wenig berücksichtigt

In Anbetracht seiner Bedeutung für die Menschen und die wirtschaftliche Entwicklung muss das Kriterium „Erholungsraum für die Bevölkerung“ deutlich höher gewichtet werden. Gerade Menschen in Großstädten benötigen nahe gelegene, naturnahe Räume. Werden diese verbaut, sind sie unwiederbringlich zerstört, und Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind schon allein aufgrund der fehlenden Flächen im Einzugsbereich keine Option. Für die Bielefelder Johannisbachaue ist beispielsweise dieser Sachverhalt eindeutig stärker zu berücksichtigen (vgl. dazu auch Punkte 8 und 9).

7. Auswirkungen für den Eingriffsraum werden nicht ehrlich dargestellt

Online werden einzelne Bildvergleiche angeboten, um den Unterschied zwischen der „Situation heute“ und „mit Bauwerk“ aufzuzeigen. Dieses grundsätzlich begrüßenswerte Angebot sollte aber derart erfolgen, dass die zu erwartende Situation wirklich erfasst werden kann – z. B. durch verschiedene optische Perspektiven von Brückenbauwerken und realistische Darstellungen einschließlich der langen Dammausbauten.

Eindrucksvoll lässt sich das an der Darstellung des Brückenbauwerkes im Johannisbachtal in Bielefeld aufzeigen. Bilder zeigen hier ein Brückenbauwerk mit geradezu filigranen dünnen Betonpfeilern mitten in der Bachaue ohne den dann das Tal durchschneidenden Damm und das dann folgende weitere Brückenbauwerk. Reale Bilder solcher ICE-Bauwerke in Tallagen machen klar, dass ein solches Bauwerk und erst recht die auf einem Damm geführten Abschnitte die Aue hier unweigerlich zerstören würden.

8. Anbindung Bielefeld: Variante durch das Johannisbachtal würde bedeutenden Natur- und Erholungsraum der Großstadt Bielefeld zerstören

Für eine Anbindung der Neubaustrecke an die Bestandsgleise östlich vom Bielefelder Hauptbahnhof zeigt die DB verschiedene Varianten auf. Dabei wird betont, dass die Anbindung in Schildesche mit einem weiteren Viadukt, welches die gesamte Aue sowie die Kreuzung Herforder Straße/Grafenheider Straße überspannen soll, die geeignetste sei. Die Eingriffe werden im Vergleich als eher gering bewertet. Dieser Einschätzung der DB widersprechen wir entschieden! Allein aus Sicht des Natur- und Artenschutzes ist diese Variante der Streckeneinbindung als nicht vertretbar einzustufen.

Leider stützt sich die DB auf eine zweifelhafte Bewertung der betroffenen Flächen nach Raumwiderstandsklassen. Da naturschutzrechtlich das Johannisbachtal aktuell noch nur als LSG eingestuft wird, wird hier der „Raumwiderstand“ als eher gering bewertet, wie die Kartendarstellung dokumentiert.

Beim Johannisbachtal handelt es sich aber um einen ökologisch besonders hochwertigen und sensiblen Naturraum, der sich durch bedrohte Biotope und einen großen Artenreichtum auszeichnet. Eine Ausweisung als Naturschutzgebiet wurde vom Rat der Stadt schon vor vielen Jahren beschlossen, ein Konzept dafür liegt vor.  

Für eine NSG-Ausweisung fehlt es nur noch an einer geänderten Darstellung im Regionalplan, in dem hier noch ein Freizeitsee als möglich erachtet wird. Zugleich hat der Regionalplan die ökologische Wertigkeit aber schon mit der Festsetzung als „Bereich zum Schutz der Natur“ (BSN) anerkannt. Aus guten Gründen: Das Gebiet weist einen außergewöhnlich hohen Artenreichtum an Pflanzen- und Tierarten auf, von denen etliche nicht nur im Raum Bielefeld, sondern darüber hinaus in ganz Nordrhein-Westfalen als selten und zum Teil als stark gefährdet eingestuft sind. Dies gilt vor allem für die besonders störanfällige Vogelwelt: Das Gebiet ist für etliche gefährdete Arten wie Nachtigall, Kuckuck, Neuntöter, Rebhuhn, Feldlerche, Schwarzkehlchen, Sumpfrohrsänger und Kiebitze ein wichtiger Brut-Lebensraum und z.T. eines ihrer letzten Rückzugsgebiete in der Region. Ein Publikumsmagnet, gerade auch für Familien, sind zudem die Weißstörche, die hier mit mehreren Brutpaaren leben.

Einzigartige Naturerlebnismöglichkeiten machen das Areal zu einem der bedeutendsten Naherholungsgebiete im Bielefelder Norden. Die Johannisbachaue ist zudem ein für die Stadt bedeutender Rückhalteraum für Hochwasser, was zuletzt eindrucksvoll zum Jahreswechsel 2023/2024 zu beobachten war. Eine in Längsrichtung im Tal verlaufende Neubaustrecke mit zwei Viadukten und einem Damm würde dieses einzigartige Naherholungs- und Schutzgebiet zerstören.

9. Unlösbare Konflikte mit dem Natur- und Artenschutz

Das Johannisbachtal ist nur ein Beispiel für unlösbare Konflikte mit dem Natur- und Artenschutz. Entlang aller vorgeschlagener Trassen wären eine große Zahl geschützter und schutzwürdiger Natur- und Landschaftsräume betroffen. Das grundsätzliche Dilemma beim Bau einer Neubaustrecke besteht in einem unauflösbaren Zielkonflikt zum Natur- und Artenschutz.  Zwar wäre es grundsätzlich möglich, sensible Naturräume durch Untertunnelungen zu schonen, dies allerdings nur unter Inkaufnahme einer negativen Klimabilanz und von Umweltzerstörungen an anderen Orten in Folge des erforderlichen massiven Tunnelaushubs. Nicht vermeidbar wären bei einer Tunnellösung auch die umweltschädlichen Abgrabungen und Aufschüttungen selbst und natürlich gewaltige nicht mehr stemmbarer Kosten. Die zu erwartenden Beeinträchtigungen von Schutzgütern würden mögliche Vorteile einer Neubaustrecke bei weitem überwiegen.

10. Engpass Bielefelder Hauptbahnhof – erste Stufen schnell umsetzen

Die DB zeigt weitgehende Ausbauten im Bielefelder Hauptbahnhof auf, um die Kapazitäten dort zu erhöhen. Da diese auch umfangreiche Eingriffe in die Bebauung des Umfeldes haben würden, ist eine stufenweise Umsetzung zu prüfen, um schnell Verbesserungen zu erreichen. Hier ist unter anderem die vergleichsweise einfache Nutzung des „Postgleises“ für den SPNV zu nennen, ebenso wie zusätzliche Weichenverbindungen für eine flexiblere Betriebsabwicklung.

11. Dringliche Ausbauten in der Bestandsstrecke jetzt realisieren

Mit der Neubaustreckendiskussion zwischen Hannover und Bielefeld wird eine streitbare und sehr zweifelhafte Langfristplanung aufgezeigt. Unzweifelhaft sind aber kurzfristig deutliche Verbesserungen in der Schieneninfrastruktur erforderlich, um Engpässe zu beseitigen und gezielt auszuweiten. Dies trifft auch für den Korridor zwischen Hamm und Hannover zu.

Die Diskussion um die Neubaustrecke darf im Sinne der Mobilitätswende und der Klimaziele nicht dazu führen, dass geplante Maßnahmen auf der Bestandsstrecke ausgesessen werden. Planungsfortschritte sind – trotz z. T. geklärter Finanzierung – leider bei den folgenden wichtigen Projekten nicht zu erkennen, aber besonders dringlich:

-   barrierefreier Ausbau des Bahnhof Brake

-   viergleisiger Ausbau der Strecke Minden-Wunstorf

-   zusätzlicher Bahnsteig in Gütersloh und in Isselhorst-Avenwedde an der Güterbahn

-   Bahnsteig an Gleis 14 in Minden

-   Stellwerkserneuerung Minden

-   zusätzlicher Bahnsteig in Haste

Diese und weitere Maßnahmen entlang der Bestandsstrecke sind im Sinne der Mobilitätswende für Bielefeld besonders dringlich! 

12. Natur- und Umweltschutzverbände unterstützen ein resilientes Eisenbahnnetz und einen Ausbau entlang der Bestandstrasse

Aus den in dieser Stellungnahme ausführlich dargelegten Gründen fordert die Arbeitsgemeinschaft der Natur- und Umweltschutzverbände von NRW und Niedersachsen, denen viel an einem guten Schienenverkehr liegt, einen Ausbau des Bahnnetzes, der vor allem auf Betriebssicherheit und Kapazitätserhöhung setzt.

Die DB hat den Ausbau der Bestandsstrecke summarisch untersucht und kommt dabei auf eine Gesamtfahrzeit von mindestens 42 Minuten, weswegen sie diese Planung nicht weiterverfolgen will. In der von der Initiative WiduLand in Auftrag gegebenen Studie des Ingenieurbüros Bahnzentrum Bielefeld wird eine kostengünstigere Alternative vorgestellt, die einen Neubau auf den derzeit überlasteten Abschnitt Minden – Seelze beschränkt und den Ausbau des anschließenden Streckennetzes vorschlägt. Die Fahrzeit zwischen Bielefeld und Hannover würde demnach 41 Minuten betragen, wobei die Anforderungen an einen Deutschlandtakt berücksichtigt würden. Dieser Vorschlag wurde in der Region breit diskutiert. Er wird auch von den meisten Kommunen entlang der Bahntrasse mitgetragen. (vgl. neue Gemeinsame Erklärung vom 2.12.2024)  

Ein solcher Ansatz greift zudem die Forderungen der Güterverkehrsunternehmen an ein leistungsfähiges Bahnnetz auf: Im für die Wirtschaft wichtigen Bereich des Schienengüterverkehrs ist vor allem die Betriebsstabilität und Verlässlichkeit des Bahnsystems ausschlaggebend, weniger die zu erreichende Höchstgeschwindigkeit. Dies wäre durch den vorgeschlagenen Ausbau erreicht.

Aber auch im Personenverkehr muss es vor allem um die Erhöhung der derzeit unzureichenden Zuverlässigkeit gehen.  Dies geht nur mit einem Netz, das Ausweichstrecken und hohe Kapazitäten bietet. Das Funktionieren eines integralen Taktfahrplans setzt ein leistungsfähiges Gesamtnetz zwingend voraus. Denn je komplexer ein solcher Fahrplan ist, desto sicherer müssen alle Störfaktoren eliminiert sein.

Es ist für uns daher unverständlich, warum der Ausbau der Strecken Minden - Nienburg und Löhne - Elze nicht vorangetrieben und sogar in Hameln eine zweigleisige Brücke zurückgebaut wird. Für die Generalsanierung der Strecke zwischen Minden und Wunstorf im Jahre 2028 wären diese Strecken von hoher Bedeutung.

BUND-Stellungnahme ICE-Trassen DB (PDF)

ZEIT-Interview mit dem Verkehrsforscher Heiner Monheim (PDF)

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