Kreisgruppe Bielefeld
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BUND erwirkt Baustopp für Reitanlage in Werther

09. August 2024 | BUND, Naturschutz, Lebensräume, Landwirtschaft, Wälder

Illegale Großbaustelle im idyllischen Klosterbachtal nahe Kirchdornberg

Baustelle der Reitanlage in Werther, Hassbachtal/Klosterbachtal, Bergkamp 15. Eine sehr große Talfläche wurde für den Ausbau der Reitanlage planiert. Rechts im Bild: Die Aue des Klosterbaches und der dort vorhandene geschützte Teich wurden zugeschoben. Foto: BUND

Werther, 9.8.2024 | Im idyllische, naturnahen Tal von Klosterbach undn Hassbach nahe der Bielefelder Stadtgrenze in Werther verwüsten schwere Baumaschinen geschützte Biotope. Eine Unternehmerin aus Leopoldshöhe will dort offenbar ihren Traum von einer Reitsportanlage im Grünen verwirklichen. Ohne Genehmigungen wurde massiv in Natur und Landschaft eingegriffen, Wald gerodet, eine Bachaue zugeschüttet und eine große Reithalle neu errichtet. Die BUND-Kreisgruppe Gütersloh erwirkte jetzt einen sofortigen Baustopp, der vom Kreis Gütersloh veranlasst wurde.

Naturzerstörung seit über zwei Jahren

Anwohner aus Kirchdornberg machten BUND-Mitglieder auf das Großprojekt aufmerksam, das schon mehr als zwei Jahre laufen soll. Die Kreisgruppe Gütersloh leitete am 6. August eine Dokumentation mit Fotos an die zuständigen Behörden weiter und erwirkte einen sofortigen Baustopp. Denn für alle Aktivitäten der Bauherrin fehlen Genehmigungen.

Keine Basis für Baugenehmigung im Außenbereich

Laut Kreisbauamt ist lediglich eine Bauvoranfrage eingegangen, die sich auf die Renovierung der Reithalle und die Errichtung eines Betriebsleiterhauses beziehe. Doch da diese Anlage kein landwirtschaftlicher Betrieb sei, fehle die Basis für die Genehmigung. Die Hagedorn-Ranch in Holtkamp lässt grüßen.

Behörden ermitteln jetzt erst – niemand hat etwas mitbekommen

Kreisbauamt, untere Naturschutzbehörde und das Regionalforstamt OWL ermitteln nun gegen die Firmenchefin. Offen ist, wie das illegale Großprojekt eine so lange Zeit „unbemerkt“ vor der Haustür der Stadt Werther und mit försterlicher Betreuung des Bereichs durch das Regionalforstamt bleiben konnte. Auch an diesem Punkt hakt der BUND nach. Darüber hinaus prüft der BUND auch jurisitische Schritte, um hier dem Naturschutzrecht Geltung zu verschaffen.  

Folgende Fakten hat der BUND zu dem Fall ermittelt

Es handelt sich um das idyllische, als Landschaftsschutzgebiet geschützte Tal des Klosterbaches nd Hassbaches  in Werther (Kreis Gütersloh) nahe der Bielefelder Stadtgrenze (Kirchdornberg).  Es existiert dort mit der Adresse Bergkamp 15 ein kleiner Kotten. Nach den Luftbildern gab es auch schon seit den 1970er Jahren dort eine zeitweise offenbar für Pferdezucht genutzte Halle. Dieser Betrieb wurde vor einigen Jahren geschlossen, Gebäude und Grundstücke an eine Unternehmerin aus Leopoldhöhe verkauft. Diese soll schon laut Anwohner-Berichten vor längerer Zeit damit begonnen haben, den Standort zu einer modernen Reitsportanlage auszubauen.  

So wurde schon anstelle der ca. 50 Jahre alten Halle seit 2023 eine moderne Reitsporthalle an gleicher Stelle neu gebaut. Bilder zeigen, dass dieser Bau nahezu fertig gestellt ist. 

Westlich dieser Halle ist eine große Fläche offenbar für eine weitere Baumaßnahme (weitere Halle?) gerodet und planiert worden. Sand und Schotter wurden dabei zum Klosterbach hingeschoben, teilweise in den Bach. Dort existiert bzw. existierte ein Teich, der als gesetzlich geschützter Biotop Nr. BT-3916-2119-2001 beim LANUV bzw. im rechtsgültigen Landschaftsplan „Osning“ verzeichnet ist.

Nördlich der Straße Im Kloster wurde ein breiter Waldstreifen offenbar für den Ausbau dieser Reitanlage gerodet. Dort wurden feste Zelte aufgestellt, in denen laut Auskunft von Anwohnern Heu und Stroh lagert, also offenbar Material für einen Pferdebetrieb. Die Fläche wurde so befestigt, teilweise geschottert, dass hier möglicherweise  noch Gebäude geplant sind. Weiter Richtung Werther ist eine größere Grünlandfläche so in verschiedene Parzellen eingezäunt worden, wie sie üblicherweise von Reitanlagen genutzt werden.

Zum Schutzstatus der betroffenen Flächen gibt es folgendes Bild:

  • Die Gesamtfläche incl. Kotten ist laut Regionalplan als GNS (Gebiet zum Schutz der Natur) bzw. BSN (Bereich zum Schutz der Natur) festgesetzt.
     
  • Laut Landschaftsplan „Osning“ des Kreises Gütersloh ist die Gesamtfläche als Landschaftsschutzgebiet geschützt.
     
  • Das LANUV weist die Gesamtfläche als Biotopverbundfläche Stufe I (das sind die hochwertigen Biotopverbundflächen) und kleine Teile mit Stufe II aus.
     
  • Auf Teilflächen sind gesetzlich geschützte Biotope bzw. Biotope laut Biotopkataster NRW ausgewiesen (Klosterbach mit Teich) und von der Baumaßnahme unmittelbar betroffen.

Fakten zur Bewertung des Eingriffs und Schlussfolgerungen

  1. Es existiert kein landwirtschaftlicher Betrieb, es handelt sich um geschützten Außenbereich. Eine Reitsportanlage ist hier nach § 35 Baugesetzbuch nicht genehmigungsfähig, wie das Urteil des Verwaltungsgerichtes Minden im Falle der Hagedorn-Ranch in Holtkamp klar bestätigt hat. Diese Sichtweise des BUND wurde vom Bauamt beim Kreis Gütersloh bestätigt. Das Bauamt spricht von Schwarzbauten. Selbst wenn es hier für die Halle Bestandsschutz gab, kann diese Halle nach Schließung des alten Betriebs von einem neuen Betrieb nicht für Reitsportzwecke genutzt werden. 
  2. Für die Waldrodung und damit eine Waldumwandlung muss eine Genehmigung der höheren Forstbehörde vorliegen. Nach ersten Recherchen liegt dieses offenbar nicht vor. Ein Kahlhieb in dieser Größenordnung wird voraussichtlich noch durch das Landesforstgesetz gedeckt. Aber in solchen Fällen ist die Eigentümerin zur Wiederbewaldung verpflichtet. Dazu muss sie jetzt von der Höheren Forstbehörde per Verfügung veranlasst werden.
  3. Es handelt sich um einen Eingriff, der weit stärker Natur und Landschaft schädigt, als die Hagedorn-Reitanlage in Bielefeld-Holtkamp. Es werden zweifellos geschützte Landschaft und Biotope massiv beeinträchtigt bzw. teilweise zerstört. Alle Eingriffe sind nicht mit dem Naturschutzrecht vereinbar. 
  4. Es liegen laut Auskunft des Kreises Gütersloh weder eine Baugenehmigung für die Baumaßnahmen noch Befreiungen von den Verboten des Landschaftsplanes vor. Alles, was auf dieser Baustelle passierte, war illegal.
  5. Aus diesen Gründen haben die zuständigen Bau- und Naturschutzbehörden in diesem Fall nur eine Wahl: Es muss der vollständige Rückbau aller illegal errichteten Gebäude bzw. baulicher Anlagen mit Wiederherstellung aller zerstörten Landschafts- und Biotopbereiche veranlasst werden. Dabei muss das gesamte, zur Befestigung und Bauvorbereitung eingebrachte standortfremde Material wie Sand und Schotter wieder entfernt werden. 

Kontakt für Rückfragen: BUND-Kreisgruppe Gütersloh

 

Bildstrecke: Bilder von der Baustelle der Reitanlage in Werther und Hintergrundinformationen 

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