Kreisgruppe Bielefeld
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Alternativ, aber weder ökologisch noch nachhaltig

22. Juni 2025 | BUND, Lebensräume, Nachhaltigkeit, Ressourcen & Technik

BUND lehnt Bebauungsplans für Minihaussiedlung in Dornberg ab – Stellungnahme an den Stadtentwicklungsausschuss und den Rat

Skizze der geplanten Siedlung mit 26 Tiny Houses am Nordrand von Niederdornberg. Bilder: Stadt Bielefeld, Google-Maps

Bielefeld 22.06.2025 | Eine „Tiny-House-Siedlung im großen Stil“ plant eine Genossenschaft auf einer Ackerfläche in Niederdornberg, am äußersten Rand der Stadt. Geplant sind 26 Wohneinheiten einer Größe von 20 bis 40 Quadratmeter Wohnfläche, die dann überwiegend von Einzelpersonen oder Paaren bewohnt werden sollen. Dazu hat sich jetzt der BUND in einer Stellungname an den Stadtentwicklungsausschuss, der am 1. Juli darüber berät, kritisch geäußert. Bei diesen Minihäusern handele sich um eine alternative Wohnform, die nach vorliegenden Studien weder ökologisch noch nachhaltig sei.

„Grundsätzlich unterstützt der BUND die mögliche Nutzung von Tiny Houses zur Schaffung von Wohnraum an der richtigen Stelle und auch das Anliegen von Menschen, mit im Durchschnitt weniger Wohnfläche ihr Leben nachhaltiger zu gestalten“, heißt es in der Stellungnahme. „Sie übersehen dabei aber den durch ein solches Baugebiet bzw. die einzelnen Minihäuser verursachten Ressourcen- und Flächenverbrauch“.

Der Flächenverbrauch der geplanten Siedlung ist selbst im Vergleich zu Einfamilienhaussiedlungen unverhältnismäßig hoch. Laut Bebauungsplan sollen 0,72 ha freie Landschaft mit einer Siedlung von 26 Wohneinheiten bebaut werden.

Wie flächensparend und effizient Wohnraum geschaffen werden kann, zeigt beispielhaft der zeitgleich auf den Weg gebrachte Bebauungsplan Nr. 43. 2 "Wohnquartier nördlich und westlich der Babenhauser Straße, östlich Leihkamp“ in Babenhausen". Hier ist in Mehrgeschosshäusern auf einer ca. 3,5 ha großen für die Bebauung vorgesehenen Fläche die Schaffung von 210 Wohneinheiten geplant. Im Vergleich zu den 26 Wohneinheiten der Tiny-House-Siedlung auf einer Fläche von 0,7 ha entstehen in Babenhausen ca. 42 Wohneinheiten auf gleicher Fläche. Diese können im Unterschied zur Minihaussiedlung auch von Familien genutzt werden. Sie bieten also auf gleicher Fläche Wohnraum für potenziell über 160 Bewohner. In der Minihaussiedlung werden auf gleicher Fläche nur ca. 26 bis 40 Menschen wohnen. (vgl. https://anwendungen.bielefeld.de/bi/vo0050.asp?__kvonr=41433

Für diese wenigen neuen Wohnungen eine für die Nahrungsmittelproduktion wertvolle Ackerfläche mit laut Umweltprüfung „hoher Fruchtbarkeit“ zu bebauen ist bei der Flächenknappheit und dem anhaltenden Flächenverbrauch in der Stadt Bielefeld aus Sicht des Umwelt- und Naturschutzes nicht vertretbar.

Der BUND verweist auch auf eine Studie der Verbraucherzentrale zur Ökobilanz von Tiny-Häusern, die zu folgendem Ergebnis kommt: „Ein Tiny House ist keine ökologische und nachhaltige Form des Wohnens, weil ein solches Gebäude pro Person oder pro Quadratmeter Nutzfläche einen hohen Materialbedarf, einen hohen Flächenbedarf und einen hohen Heizenergiebedarf hat“.

Ein wichtiger Beitrag zum flächenschonenden, preisgünstigen und nachhaltigen Bauen ist, so der BUND, die vom Rat beschlossene Vorgabe, dass bei allen neuen Wohnbaugebieten mindestens 33 % der zu schaffenden Wohnungen sozial geförderter Mietwohnungsbau sein muss. Dazu schreibt der BUND: „Dass die Minihaussiedlung laut vorliegendem Bebauungsplan von dieser Vorgabe befreit werden soll, ist sowohl aus umweltpolitischen wie sozialpolitischen Gründen inakzeptabel. Aus welchen Gründen wird eine Wohnform, die Umwelt, Klima und Natur mindestens ebenso stark belastet wie andere Wohnformen, auf diese Weise privilegiert?“

Tiny Houses sind besonders in Baulücken oder zur Nachverdichtung auf privaten Grundstücken sinnvoll. Sie eignen sich auch gut für die Nutzung versiegelter Fläche. In Städten wurden sogar schon Parkdecks und Innenhöfe für die Aufstellung von mobilen Minihäusern genutzt. Eine geschlossene Minihaussiedlung auf Kosten von wertvoller Freifläche am Rande der Stadt ist aber umweltpolitisch und städtebaulich fragwürdig. Der BUND weist zudem auf die Gefahr hin, dass sich dieses Wohngebiet zu einer Wochenend- und Ferienhaussiedlung entwickelt.  Änderten sich die Wohnansprüche der Besitzer*innen, liegt es nahe, sich eine größere Wohnung z.B. zur Miete zu suchen. Dann wäre das im Grünen gelegen Tiny-House am Rande von Niederdornberg ein ideales Wochenendziel.

Was Bielefeld an Stelle dieser Siedlung braucht, sind deutlich mehr Sozialwohnungen und kleinere, bezahlbare Wohnungen in mehrgeschossigen Häusern, umgeben von möglichst wohnortnahen Grün- und Naturflächen, angeschlossen an den ÖPNV und eine gute Nahversorgung. Der vorliegende Bebauungsplan für eine eigene Minihaussiedlung in Niederdornberg am Rand der Stadt ist kein sinnvoller Beitrag zu einer nachhaltigen, ökologischen und klimaverträglichen Wohnbaupolitik in Bielefeld.  

Weitere Infos: 

Stellungnahme des BUND zum Bebaungsplan (PDF)

Unterlagen zum B-Plan Minihaus-Siedlung Dornberg – Erstaufstellung auf der Seite der Stadt Bielefeld

Seite des Verein Tiny House Bielefeld

Stellungnahme des BUND Hamburg

Studie der Verbraucherzentrale

Tiny-House-Studie des Landes Schleswig-Holstein 

Zeitschrift Kultur und Gesellschaft: Sind die Tiny Houses wirklich so ökologisch?

Cradle, Zeitschrift für Architektur, Wohnen Bauen: Sind Tiny-House wirklich nachhaltig?

Der Standard: Kleinste Hütten. Das Problem mit Tiny Houses.

Bild der Wissenschaft: Wenig Raum für Nachhaltigkeit.

Town & Country: Nichts mit Öko - Tiny Houses bekommen ein vernichtendes Urteil

 

 

 

 

 

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