Kreisgruppe Bielefeld

Naturschutzbeirat lehnt Gewerbegebiet mit großer Mehrheit ab

21. Januar 2021 | BUND, Lebensräume, Naturschutz

Der neue Naturschutzbeirat hat in seiner ersten Sitzung am 19. Januar den Entwurf für den Bebauungsplan „Gewerbegebiet Gütersloher Straße beiderseits des Pivitswegs“ abgelehnt.

Blick über das Plangebiet zum Ortskern mit der Kirche von Ummeln. Hier sollen bis 16 m hohe Industriegebäude den Blick verstellen.  (A. Niemeyer-Lüllwitz)

In einer Videositzung hatte der Beirat zunächst online den Antrag der Stadt erörtert. Wegen der Corona-Hygieneregeln fand dann nur eine kurze, 30 minütige Präsenzsitzung statt, bei der die Vorlage der Stadt mit 10 : 1 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt wurde. Der B-Plan muss deshalb jetzt vor der weiteren Bearbeitung im Umweltausschuss beraten werden. Am Ende entscheidet dann der Stadtentwicklungausschuss bzw. der Rat der Stadt. 

Hier der Beschluss im Wortlaut: 

Der Naturschutzbeirat lehnt das neue Gewerbegebiet an der Gütersloher Straße in Ummeln ab und fordert die Stadt Bielefeld auf, den entsprechenden Bebauungsplan nicht zu genehmigen. Der Beirat bestätigt damit die Beschlüsse und Bedenken des damaligen Landschaftsbeirates vom 11.2.2014 und 10.11.2015 zu dem Vorhaben.  

Gründe: 

  1. Mit dem vorgelegten Bebauungsplan „Gütersloher Straße“ ist einer der massivsten Eingriffe in den Landschaftsschutz und Grundwasserschutz im Bielefelder Süden der letzten Jahrzehnte geplant. In Anbetracht der akuten Klimakrise und auch zum Schutz unserer Wasserversorgung ist ein solcher Eingriff in den Landschafts- und Trinkwasserschutz nicht zu verantworten.
  2. Der Beirat weist darauf hin, dass die Fläche nach noch rechtsgültigen Planungen (Landschaftsplan, Flächennutzungsplan, Gebietsentwicklungsplan bzw. Regionalplan) als Landschaftsschutzgebiet, Bereich zum Schutz der Natur und als Bereich für den „Grundwasser- und Gewässerschutz“ ausgewiesen ist. Das Gebiet liegt in der sog. Wasserschutzzone IIIA (überwiegend) und der Schutzzone IIIB des Wasserwerkes Ummeln der Stadtwerke Bielefeld GmbH. Nach der geplanten landesweiten sog. Muster-Wasserschutzgebiets-Verordnung soll eine großflächige Bebauung verboten werden. Im Zielkonzept Naturschutz der Stadt Bielefeld wird die Fläche zudem als „Landschaftsraum mit hoher Naturschutzfunktion“ eingestuft.
  3. Bisher bildet die überwiegend landwirtschaftlich genutzte Fläche noch einen ökologischen Puffer am Ortsrand von Ummeln. Einschließlich der erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen verlieren die Bielefelder Landwirte bei Umsetzung der Planungen weitere über 15 ha wertvolle Landwirtschaftsflächen.
  4. Bei Umsetzung der Planung würde eine der letzten Biotopverbundachsen im Bielefelder Süden verloren gehen bzw. stark eingeschränkt werden. Dies kann nicht im Sinne einer auf Nachhaltigkeit angelegten Stadtplanung sein.
  5. Die Ackerfläche an der Gütersloher Straße befand sich bis 2009 im erfolgreichen Bielefelder Ackerrandstreifen-Programm. Da aus Naturschutzsicht Ackerflächen inzwischen zu den bedrohtesten Lebensräumen in Deutschland zählen, sollte an diese frühere extensive Nutzung angeknüpft werden. 
  6. Der Beirat weist ebenfalls darauf hin, dass durch das geplante Gewerbegebiet einer der letzten Kiebitz-Brutplätze der Stadt unausgleichbar verloren geht. Da die Kiebitze allein zwischen 2004 und 2019 um 70 % in Bielefeld zurückgegangen sind und der Bereich rund um Ummeln einer ihrer letzten Brut-Schwerpunktgebiete ist, würde eine Umsetzung dieser Fehlplanung das Aussterben dieser attraktiven Limikolen-Art beschleunigen.
  7. Ein Eingriff in ein solches Gebiet muss alternativlos sein. Dieser Nachweis wird im Antrag nicht erbracht. Schon im Verfahren zur Änderung des Regionalplans lagen für die von der Firma Gehring-Bunte gewünschte Expansion geeignete Alternativflächen vor, die aus Sicht des Natur-, Landschafts-  und Wasserschutzes als vertretbar bewertet wurden.
  8. Im vergangenen Jahr hat der Rat der Stadt Bielefeld den Klimanotstand anerkannt. Zu den Maßnahmepaketen, die jetzt umgesetzt werden sollen, gehört auch, alle Bauplanungen in Hinblick auf Klimawirksamkeit zu prüfen. Großflächige Bebauungen, die zu Grünverlusten und Bodenversiegelungen führen, greifen besonders stark in das Stadtklima ein. Aus dem Antrag geht nicht hervor, dass dieser Aspekt geprüft und bewertet wurde.

Bericht im Westfalenblatt vom 21.1.2021

Bericht in der Neuen Westfälischen vom 11.1.2021

Bericht in der Neuen Westfälischen vom 22.2.2021 

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