Große Aufregung bei einigen Gartenbesitzern im Baugebiet Alleestraße in Quelle. Sie haben ihre Gärten durch Anpachten von Flächen im angrenzenden Landschaftsschutzgebiet erweitert, und erfahren jetzt aus der Presse, dass das offenbar rechtswidrig war. Die Neue Westfälische und das Westfalenblatt berichteten ausführlich darüber.
Im Bericht im Westfalenblatt heißt es, dass der Vorgang aktuell bei der Stadt noch überprüft wird. Die Rechtswidrigkeit wird aber schon vom Umweltamt bestätigt. Die LGS-Flächen hätten nicht mit Zäunen in die Hausgärten einbezogen werden dürfen. Zumal damit die Gartengrenzen in den Wald bzw. Waldrandbereich verschoben wurden, der laut Bebauungsplan durch ausreichende Abstände zur Wohnbebauung ausdrücklich geschützt werden soll. Der Grundstückseigentümer, der die Flächen am Waldrand verpachtet hat, wird mit dem Satz zitiert: „Die Anwohner werden mit dem Umweltamt sicher eine gute Lösung finden“.
Der BUND hat auf Nachfrage der Presse dazu Stellung genommen. Nachfolgend der Inhalt der Stellungnahme, die heute an das Umweltamt gesandt wurde.
Pachtverträge rechtswidrig?
Das B-Plangebiet Alleestraße grenzt unmittelbar an das Landschaftsschutzgebiet (LSG) Ost-Münsterland. Die von Gartenbesitzern dazu gepachteten Flächen am Mustangweg sind eindeutig Teil des LSG. Sie bilden hier den ökologisch besonders schützenswerten Waldrand. Aus unserer Sicht sind sie damit Teil des Waldes, denn auch Waldränder mit Sträuchern und Staudensäumen gehören dazu. Die Gartennutzung bzw. Einbeziehung der Pachtflächen in die Hausgärten mit Einzäunung und klassischer Gartennutzung (Gebäude, Hütten Spielgeräte, Hochbeete, etc.) stellt aus Sicht des BUND einen Verstoß gegen die im Landschaftsplan Bielefeld-West dazu festgesetzten Schutzbestimmungen dar.
Wir müssen davon ausgehen, dass dieser Sachverhalt zum Zeitpunkt der Verpachtung dem Grundeigentümer der Pachtflächen bekannt gewesen sein muss. Er geht sowohl aus den Festsetzungen im Landschaftsplan als auch aus dem Bebauungsplan hervor. Die Landschaftsplan-Festsetzungen erfolgten schon 1999 und schränken die Nutzung der betreffenden Grundstücke erheblich ein. Große Teile der Hofstelle Meier zu Borgsen sind mit den landwirtschaftlichen und forstlichen Flächen Teil des LSG Ost-Münsterland. Eine Verpachtung des eindeutig zum LGS gehörenden Waldrandbereiches zur Erweiterung der Gärten hätte in diesem Fall u.E. nicht erfolgen dürfen, da damit Verstöße gegen Schutzbestimmungen zu erwarten waren und ja auch eingetreten sind.
Vorbehaltlich einer juristischen Prüfung (die noch aussteht und deren Ergebnis ich noch nachreiche) deutet dieser Sachverhalt darauf hin, dass die Verträge wohl rechtwidrig und damit nichtig sind. Die jeweiligen Hauseigentümer haben offenbar im guten Glauben gepachtet, in der Annahme, sie könnten die Flächen als Garten nutzen. Es sollte deshalb geprüft werden, ob nicht für den Schaden, der dadurch verursacht wurde bzw. ihnen jetzt durch Rückbaumaßnahmen entsteht, der Eigentümer der Pachtflächen aufkommen muss.
Rückbau der Zäune und Anlagen naturschutzrechtlich notwendig
Aus naturschutzrechtlicher Sicht kann aus unserer Sicht überhaupt keinen Zweifel darin geben, dass hier der Rechtszustand im Sinne der Schutzbestimmungen wieder hergestellt werden muss. Das bedeutet konkret, dass Gärten mit den Zäunen und baulichen Anlagen hier wieder an die Grenze des B-Plan-Gebietes bzw. des Landschaftsplan-Gebietes zurück zu nehmen sind.
Hinweise zum angrenzenden Landschaftsschutzgebiet enthält übrigens auch der Bebauungsplan Alleestraße, dessen Inhalt allen Grundeigentümern im Gebiet bekannt sein sollte. Denn der B-Plan enthält eine Vielzahl von Regelungen und Festsetzungen, die die jeweilige Nutzung der Grundstücke einschränken. So werden maximale Zaunhöhen festgesetzt und zum Schutz der angrenzenden Schutzgebiete im Norden und Osten darf es dort keine Tore in den Zäunen geben.
Problem: Festsetzungen in Bebauungsplänen werden nicht überprüft
Grundsätzlich zeigt sich in diesem Fall ein Schwachpunkt der Bebauungspläne in Bielefeld: Viele Grundeigentümer kennen offenbar die darin festgesetzten Einschränkungen nicht. Kaum einer nimmt die in schwer verständlichen Verwaltungsdeutsch formulierten, nur online veröffentlichten Texte wahr. Der BUND fordert deshalb für die Zukunft, dass Grundeigentümer frühzeitig über die wichtigsten Bestimmungen in populärer Form informiert werden, z.B. mit einem Anschreiben. Zudem ist nicht nachvollziehbar, dass eine Kontrolle nach Abschluss aller Arbeiten in Baugebieten nicht stattfindet. Der BUND fragt dazu: Warum gibt es dann überhaupt (sinnvolle) Festsetzungen in B-Plänen, wenn keinerlei Überprüfungen durchgeführt werden, so wie z.B. bei der Bauabnahme des Hauses? Der BUND fordert, solche Überprüfungen zumindest mit Begehungen nach Abschluss der Freiflächengestaltung durchzuführen.
Baugebiete brauchen mehr Abstand zu Waldflächen
Ein weiterer Schwachpunkt sind die oft zu geringen Abstände zu Waldrändern. Für die Eigentümer der Wälder ist damit oft das Problem der Verkehrssicherungspflicht verbunden. Im B-Plan-Gebiet Alleestraße wurde nur auf Abstand zu den Gebäuden geachtet, der aber auch völlig unzureichend ist. Dazu heißt es im B-Plan: „Für diejenigen Flächen, die innerhalb der sog. Baumfallgrenze liegen, besteht daher ein gewisses Risiko, dass bei Astbruch oder Windwurf Schäden auf dem Grundstück entstehen. Dieses Risiko wird dadurch minimiert, dass die Baufenster im Bebauungsplan außerhalb der Baumfallgrenze angeordnet wurden (Abstände liegen bei mindestens 3 m im Norden und mindestens 5 m im Osten, vgl. informelle Darstellung im Bebauungsplan). Bezüglich des verbleibenden Restrisikos etwa hinsichtlich der Beschädigung von Nebenanlagen ist das Abschließen von Haftverzichtserklärungen vorgesehen, um den Eigentümer der Gehölzflächen aus der Haftung zu nehmen.
Solche Abstände sind kein sicherer Abstand zu Bäumen mit z.T. über 30-40 m Kronenhöhe! Der BUND fordert, bei künftigen Baugebieten einen Mindestabstand zu benachbarten Wäldern von mindestens 50 m festzusetzen. Gerade in Anbetracht der aktuell besonders häufigen Baum- und Waldschäden durch Trockenheit ist es besonders wichtig, davon ausgehende Gefahren zu minimieren. Menschen, die sich auf Gartengrundstücken aufhalten, dort spielende Kinder, müssen vor solchen Gefahren geschützt werden. Dafür „vorsorglich“ Bäume im Wald (in diesem Fall übrigens sogar außerhalb der angepachteten Gartenflächen) zu fällen, wie es am Mustangweg geschehen ist, ist aus Sicht des BUND inakzeptabel. Auch das ist ein Grund dafür, die Verpachtung von Waldrandbereichen an Haus- und Gartenbesitzer zur Vergrößerung ihrer Gärten nicht zuzulassen.