Kreisgruppe Bielefeld

BUND-Klage gegen Abschuss der Wölfin Gloria

22. Dezember 2023 | BUND, Lebensräume, Landwirtschaft, Naturschutz

- BUND fordert Herdenschutzoffensive statt Aktionismus. - Auch in OWL wird der Abschuss von Wölfen gefordert. - Landesweite Herdenschutzoffensive zur Vermeidung von Nutztierrissen erforderlich.

Foto: Uwe Tichelmann

Düsseldorf, 21.12.2023 | Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) will den Abschuss der sogenannten Problemwölfin "Gloria" gerichtlich verhindern. Der Landesverband habe daher am Donnerstag beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage gegen den Kreis Wesel eingelegt, hieß es in einer Mitteilung der Umweltschützer. In einer Allgemeinverfügung hatte der Kreis am Mittwoch eine Ausnahmegenehmigung zur Entnahme der Wölfin mit der offiziellen Kennung GW954f erteilt, nachdem sie am Niederrhein wiederholt hohe Zäune überwunden und Tiere gerissen hatte.

Aus Sicht des BUND ist die Verfügung in mehreren Punkten fehlerhaft und nicht ausreichend begründet. So sei nicht genug beachtet worden, dass es sich bei der Wölfin um das einzige reproduzierende Tier in der Region handele und insofern ein Abschuss populationsgefährdend wäre.

Der BUND vertritt außerdem die Auffassung, dass ein Abschuss von Wölfen nicht zielführend sei. Vielmehr müssten Tierhalter ihre Tiere ausreichend schützen: "So lange sich Tierhalter weiterhin weigern, den notwendigen und öffentlich geförderten Herdenschutz, zu welchem auch unzweifelhaft Herdenschutzhunde zählen, in Anspruch zu nehmen, wird es auch weiterhin Nutztierrisse geben, egal durch welchen Wolf", teilte Holger Sticht, Vorsitzender des BUND NRW mit. Und weiter: „Die Diskussion um die Wölfin Gloria ist vor Gericht bereits ausführlich geklärt worden. Um Konflikte zwischen Tierhaltern und dem heimischen Wolfsrudel zu lösen, brauchen wir jetzt keinen Aktionismus und kein Bauernopfer, sondern nachhaltige Lösungen. Die Koexistenz von Weidetierhaltung und Wolf ist möglich, wenn wir endlich einen landesweiten, flächendeckenden und effektiven Herdenschutz etablieren.“

Aus BUND-Sicht sind im Übrigen die rechtlichen Grundlagen für eine Tötung der Wölfin nicht gegeben. So ist das Tier eines von derzeit lediglich 2 bis 3 reproduzierenden Wölfinnen in NRW, sodass ein Ausfall die gesamte Population gefährden könnte. Zudem fehlt bislang eine vorgeschriebene Alternativenprüfung.

Im Zeitraum vom 27. September bis 24. Oktober 2023 konnte Gloria sechsmal bei Nutztierschäden nachgewiesen werden. Alle Fälle ereigneten sich nördlich der Lippe im Bereich des Dämmerwalds. Dieses Gebiet hat die Wölfin neu besiedelt, nachdem sie ihr Rudel aus unbekannten Gründen verlassen zu haben scheint. In diesem neuen Gebiet soll sie nun nach Angabe des Umweltministeriums in nur 4 Wochen so viel Schaden angerichtet haben, dass zukünftig ein „ernster wirtschaftlicher Schaden“ zu erwarten und damit eine der Voraussetzungen für eine Abschussgenehmigung gegeben wäre. Fakt ist aber, dass diese Wölfin seit ihrer Ankunft im Schermbecker Gebiet im Jahre 2018 nur in 6 % aller Fälle Zäune mit empfohlenem Herdenschutz überwunden hat und dies im Jahr 2021 das letzte Mal vorgekommen ist. Nun, in der erweiterten, neu ausgerufenen „Förderkulisse Westmünsterland“, soll sie direkt sechsmal den empfohlenen Herdenschutz in kurzem zeitlichen Zusammenhang überwunden haben, ansonsten könnte das Ministerium die Prüfung zur Entnahme gar nicht einleiten. „Das mag den einen oder anderen schon stutzig machen. Daher fordern wir eine transparente Darlegung der Umstände durch das zuständige Landesamt“, fordert Holger Sticht.

Aus Sicht des BUND muss die Vermeidung von Nutztierrissen an der Ursache ansetzen. „Für die Zahl der Nutztierrisse ist allein die Qualität des Herdenschutzes entscheidend. Wenn jährlich 50 - 70 Prozent der Nutztierrisse an unzureichend oder gar nicht geschützten Weidetieren erfolgen, dann sind die Mängel im Herdenschutz überdeutlich. Die Tierhalter und wir als Gesellschaft müssen zusammenarbeiten, um eine Koexistenz mit dem Wolf möglich zu machen“, mahnt Holger Sticht.

Abschuss von Wölfen auch in OWL?

Seit diesem Sommer fordern nach Nutztierrissen auch in OWL Schafhalter und Bauernverbände den Abschuss von Wölfen. Unterstützt werden sie dabei von einer Zeitung, die in Kommentaren die Jagd auf den Wolf eröffnete. Hintergrund: Mehrere Risse von Schafen im Kreis Minden-Lübbecke. Betroffen sind zwei große Herden bei Stemwede. Dafür, dass die Herden ausreichend geschützt waren gibt es keine Belege. Herdenschutzhunde setzen die Schafhalter nicht ein. Beteiligt waren vermutlich durchziehende Wanderwölfe aus dem benachbarten Niedersachsen. Einem konkreten Tier konnten die Risse nicht zugeordnet werden. In der Presse tauchen zudem Zahlen von getöteten Schafen auf, die vom LANUV nicht bestätigt wurden. Die Herden sind in einem von Land anerkannten Wolfsgebiet unterwegs, d.h. die Tierhalter erhalten für Herdenschutzmaßnahmen Unterstützung und Entschädigung für nachweisbar vom Wolf getötete Tiere.

Diese Risse waren für die FDP Anlass, eine Debatte im Regionalrat anzustoßen. Die Ausbreitung von Wölfen müsse, so Jan Maik Schliffter (FDP) „eingegrenzt“ werden. Es müsse Regionen geben, die für den Wolf tabu sind, und damit meinte er offenbar auch OWL. Die FDP möchte offenbar die Jagd auf den Wolf eröffnen, sobald sich ein Tier OWL nähert. Damit würde der erneuten Ausrottung des Wolfes der Weg geebnet, zu einem Zeitpunkt, an dem er gerade in einer Region in NRW wieder sesshaft geworden ist. Der BUND tritt solchen Forderungen entgegen und setzt sich für ein Miteinander von Nutztierhaltung und Wölfen ein. Das geht nur, wenn die Qualität des Herdenschutzes entscheidend verbessert wird.

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